(6) Verhaftet

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Die Anhörung vor dem Haftrichter fand in der darauffolgenden Augustwoche ab dem 8. August 1892 statt. Richter Blaisdell leitete die Befragung und untersagte, dass Bordens Anwalt Andrew Jennings zugegen war. Die Maßnahme war durch die Gesetzgebung gedeckt. Es sollte die einzige Gelegenheit bleiben, bei der Lizzie Borden persönlich vor einem Richter aussagte. Dabei verstrickte sie sich erneut in zahlreiche Widersprüche, die von einem sehr aggressiv und konfrontativ auftretenden Staatsanwalt forciert wurden.

Lizzie Borden
Lizzie Borden

Lizzie Borden verwickelt sich erneut in Widersprüche

So behauptete Lizzie Borden zum Beispiel, dass sie in der Küche saß und eine Illustrierte las, als ihr Vater heimkehrte. Bei einer weiteren Befragung revidierte sie die Aussage und sagte aus, sie habe im Esszimmer einige Taschentücher gebügelt. Schließlich wollte sie zu diesem Zeitpunkt überhaupt nicht im Erdgeschoss gewesen sein, sondern gerade die Treppe heruntergekommen sein.

Außerdem behauptete die Beschuldigte, sie habe ihrem Vater die Stiefel ausgezogen und stattdessen Pantoffeln übergestülpt. Sowohl die Tatortaufnahme durch die zuständigen Beamten als auch die Bilder des Polizeifotografen belegten jedoch eindeutig, dass Andrew Borden zum Zeitpunkt seines Todes noch die Stiefel trug.

Unter Morphiumeinfluss?

In der Hauptverhandlung verwies Bordens Anwalt darauf, dass Lizzie von ihrem Arzt zur Nervenberuhigung regelmäßig Morphium verabreicht bekommen hatte. Es war nicht auszuschließen, dass sie auch an diesem Tag unter Drogeneinfluss stand. Es spielte für den Prozess ohnehin keine wesentliche Rolle. Denn ihre Aussage blieb für viele Jahre unter Verschluss. Richter Blaisdell war jedoch der Meinung, dass über den Fall vor der Grand Jury entschieden werden sollte. Lizzie Borden wurde am 11. August in Haft genommen und saß bis zu ihrer Verhandlung im Frauengefängnis Taunton ein.

Die Grand Jury: 7. November bis 2. Dezember 1892

Die Grand Jury, die noch heute in vielen amerikanischen Bezirken gang und gäbe ist, ist ein reines Schöffengericht. Die Geschworenen fällen in diesem Fall kein Urteil über den Angeklagten, sondern entscheiden lediglich, ob aus ihrer Sicht das Ergebnis der Ermittlungen ausreichend ist, um ein Verfahren gegen den Beschuldigten vor einem ordentlichen Gericht einzuleiten.

Ungewöhnlicher Ablauf

Im Regelfall genießt deshalb auch nur die Anklageseite das Recht, ihren Fall vor der Grand Jury zu präsentieren und Zeugen aufzurufen. Die Verteidigung tritt vor den Geschworenen nicht in Erscheinung. Doch im Fall Lizzie Borden war es anders. Der Staatsanwalt Hosea Knowlton forderte den Verteidiger Andrew Jennings ausdrücklich auf, seine Version der Ereignisse zu schildern. Dadurch kam es bereits vor dem eigentlichen Gerichtsverfahren zu einer Art Prozess.

Grand Jury von Lizzies Schuld überzeugt

In diesem Fall entschieden sich die Geschworenen gegen Lizzie Borden. Denn die Grand Jury ließ die Mordanklage zu. Der Prozesstermin wurde auf den 5. Juni 1893 festgesetzt. Für die Geschworenen war die Aussage der Zeugin Alice Russell entscheidend. Ihre Darstellung, wie Lizzie Borden am Sonntag nach der Tat ein fleckiges, blaues Kleid verbrannte, hatte sie von der möglichen Schuld der Angeklagten überzeugt. Zuvor hatte Bridget Sullivan ausgesagt, dass Lizzie Borden am Tattag ein blaues Kleid getragen habe.

 

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