(4) Lake Sammamish

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Ted Bundy war am 14. Juli 1974 tatsächlich einer Vielzahl von Augenzeugen aufgefallen. So beschrieben später fünf Zeuginnen der Polizei einen attraktiven jungen Mann in einem weißen Tennis-Outfit, der seinen linken Arm in einer Schlinge trug. Er habe mit einem leichten Akzent gesprochen. Möglichweise sei er Kanadier gewesen, vielleicht ein Brite. Er habe sich den Frauen als »Ted« vorgestellt und sie gefragt, ob sie ihm beim Anhängen eines Segelboots an seinen beigefarbenen VW-Käfer behilflich sein könnten. Vier Frauen hatten sich geweigert. Die fünfte Zeugin war ihm zu dem Wagen gefolgt, hatte aber das Weite gesucht, sobald sie bemerkte, dass dort kein Segelboot stand.

Drei weitere Zeuginnen hatten den Mann beobachtet, wie er sich der 23-jährigen Janice Anne Ott genähert hatte, einer Bewährungshelferin am Jugendgericht des King County. Sie hatten gehört, wie er auch ihr die Geschichte mit dem Segelboot auftischte, und beobachtet, dass sie in seiner Begleitung den Strand verlassen hatte. Etwa vier Stunden später ging Denise Naslund, eine 18-jährige Informatikstudentin, zu den öffentlichen Toiletten. Sie picknickte mit Freunden am Lake Sammamish, kehrte aber nie zu ihnen zurück. Später behauptete Ted Bundy, Janice Ott habe noch gelebt, als er Denise Naslund entführt habe. Und er habe die eine Frau gezwungen zuzusehen, wie er die andere tötete. In der Nacht vor seiner Hinrichtung widerrief Bundy jedoch diese Aussage.

Gründung einer Sonderkommission

Die Polizei des King County, in deren Zuständigkeitsbereich die meisten vermissten Frauen lebten, übernahm die Leitung der Ermittlungen. Dank der Vielzahl an Zeugen konnte man endlich ein Phantombild des Tatverdächtigen zeichnen lassen. Die Ermittlungsbehörden ließen Flugblätter drucken, auf denen zusätzlich der VW-Käfer beschrieben und sein mutmaßlicher Name »Ted« erwähnt war. Natürlich wurde das Konterfei auch in der Presse und im Fernsehen gezeigt. Daraufhin meldeten sich mehrere Personen bei der Polizei, die in dem Phantombild Ted Bundy wiedererkannt haben wollten: die spätere Bestsellerautorin Ann Rule, die ein Buch über die Mordserie schreiben sollte und mit Bundy lose befreundet war; ein Kollege von Ted Bundy; ein Psychologie-Professor von der University of Washington, an der Bundy studiert hatte; und schließlich auch Elizabeth Kloepfer, die damalige Lebensgefährtin von Bundy.

Ted Bundys Freundin meldet sich bei Polizei

Ursprünglich hatte eine enge Bekannte von Elizabeth Kloepfer die Zeichnung in der Zeitung entdeckt. Und sie glaubte, eine verblüffende Ähnlichkeit zum Lebensgefährten ihrer Freundin zu erkennen. Sie konnte den Typen eh nicht ausstehen. Er tat ihrer Freundin nicht gut. Er betrog sie, da war sie sicher, auch wenn sie keine Beweise dafür hatte. Und wirklich binden wollte er sich auch nicht, obwohl die beiden schon etliche Jahre ein Paar waren und Elizabeth Kloepfer ein Kind aus einer vorhergehenden Beziehung zu ernähren hatte. Schließlich zeigte die Freundin Elizabeth das Bild.

Elizabeth Kloepfer wollte zunächst nichts wissen von dem ungeheuerlichen Verdacht ihrer Freundin. Aber tief drin musste sie gespürt haben, dass etwas an den Vorwürfen dran sein könnte. Die Zeichnung ähnelte Ted Bundy in gewisser Weise, auch wenn sie ihm nicht wirklich wie aus dem Gesicht geschnitten war, wie die Freundin hartnäckig behauptete. Abgesehen von dem Bild gab es aber weitere Details der Täterbeschreibung, die Ted Bundys Freundin Elizabeth Kloepfer verunsicherten.

In dem Steckbrief wurde der mutmaßliche Wagen des Täters beschrieben, ein VW-Käfer. Genau so ein Auto fuhr Ted Bundy seit Jahren. Dann hieß es, der Gesuchte habe einen Gips getragen, als er seine Opfer angesprochen habe. Hatte sie nicht mal Krücken und einen Gipsverband in seiner Wohnung gesehen und sich darüber gewundert? Denn schließlich hatte sich Ted Bundy ihres Wissens noch nie einen Knochen gebrochen. Was wollte er also mit den Utensilien?

Niemand erkennt Ted Bundy wieder

Im August 1974 meldete sich Ted Bundys Freundin Elizabeth Kloepfer schließlich bei der Polizei, allerdings zunächst anonym. Sie behauptete am Telefon, ihr Freund sei möglicherweise in die Vermisstenfälle verstrickt. Sie rief nochmals an und gab weitere Informationen preis. Sie schickte den Beamten sogar aktuelle Fotos von Ted Bundy zu. Die Ermittler zeigten sie den verfügbaren Augenzeugen. Niemand erkannte den Mann auf dem Foto wieder.

Die Polizisten stellten bei einer routinemäßigen Überprüfung fest, dass der vermeintliche Verdächtige ein gänzlich unbescholtener Bürger war, der sein Psychologie-Studium mit Bestnoten abgeschlossen hatte und nun Jura studierte. Die Beamten verloren schnell das Interesse an dem Mann. Im Sommer trudelten bei der Polizei des King County täglich rund 200 Hinweise ein, denen man nachgehen musste. Ted Bundy, der inzwischen nach Utah umgezogen war, um dort ein Jurastudium an einer Eliteuni aufzunehmen, geriet in Vergessenheit – vorläufig.

Fund der ersten Leichen

Am 6. September 1974 stolperten zwei Jäger in der Nähe einer Anliegerstraße in Issaquah, drei Kilometer östlich des Lake Sammamish State Park, über die Skelettreste von Janice Ott und Denise Naslund. Nach einer genaueren Untersuchung des Geländes fand die Polizei zudem Oberschenkelknochen und mehrere Wirbel, die man später Georgann Hawkins zuordnen konnte.

Ted Bundy - Taylor Mountain - Schädel
Eines der vielen Skelettteile, die die Polizei am Taylor Mountain fand

Ein halbes Jahr später entdeckten Studenten auf einer Exkursion, die sie auf den Taylor Mountain östlich von Issaquah führte, weitere menschliche Knochenreste, vor allen Dingen Schädel und Unterkiefer. Sie stammten von Lynda Healy, Susan Raincourt, Roberta Parks und Brenda Ball. Donna Mansons sterbliche Überreste sollte man nie finden. Die Ermittler hatten nun traurige Gewissheit, dass sie es tatsächlich mit einem Serienkiller zu tun hatten.

 

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