(7) Hymie Weiss

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Hymie Weiss hieß eigentlich Henry Earl Wojciechowski. In den USA hatte er seinen Namen zu Weiss verkürzt. Der Spitzname »Hymie« war irgendwie an ihm hängen geblieben. Jeder ging davon aus, dass Weiss ein jüdischer Gangster war. In Wirklichkeit handelte es sich bei Weiss um einen streng gläubigen Katholiken aus Polen.

Al Capone - Hymie Weiss
Hymie Weiss alias Henry Earl J. Wojciechowski

Hymie Weiss wurde in seinem Kampf gegen die italienische Mafia von George »Bugs« Moran unterstützt. Ein labiler und extrem gewaltbereiter Mensch, der seinen Spitznamen der Tatsache verdankte, dass jeder dachte, er sei komplett irre – oder »buggy«, wie es im Englischen hieß.

Im Schutz der Leibwächter

Johnny Torrio war ernsthaft besorgt um sein Leben. Er beschloss, Chicago für eine Weile zu verlassen, und ging nach Hot Springs in Arkansas. Al Capone umgab sich stattdessen mit einer Vielzahl von Leibwächtern und ergriff weitere Sicherheitsmaßnahmen.

Sobald er ein Gebäude verließ, begleiteten ihn zwei Leibwächter, einer auf jeder Seite. Längere Wegstrecken legte er stets im Auto zurück. Er saß auf der Mitte der Rückbank. Die Sitze links, rechts und vor ihm besetzten bewaffnete Bodyguards. Die Fahrten fanden fast ausschließlich im Schutze der Dunkelheit statt. Und dennoch unternahmen Weiss und Moran mehrere Versuche, Capone zu töten.

Der Anschlag auf Johnny Torrio

Im Januar 1925 kehrte Johnny Torrio nach Chicago zurück. Eines Abends erledigte er zusammen mit seiner Frau einige Einkäufe. Er parkte den Wagen vor seiner Wohnungstür 7011 South Clyde Avenue. Seine Frau stieg als Erste aus. Johnny Torrio folgte ihr mit den Einkaufstaschen.

Plötzlich traten zwei Männer aus der Dunkelheit: Hymie Weiss und Bugs Moran. Sie feuerten wild auf das Fahrzeug, in dem sich noch der Chauffeur befand, der das Attentat wie durch ein Wunder überleben sollte. Dann bemerkten Weiss und Moran ihren Irrtum. Sie erkannten Torrio im Licht der Straßenlaterne.

Sie schossen ihm in den Hals und in die Brust, dann in den rechten Arm und die Leistengegend. Schließlich hielt Moran die Waffe an Torrios Schädel und drückte ab. Doch die Patronenkammer war leer. Alles, was zu hören war, war ein lautes metallisches Klicken. Weiss und Moran flüchteten.


Tatort in der South Clyde Avenue.

 

Man brachte den schwer verletzten Johnny Torrio ins Krankenhaus. Aber eine Klinik war ein gefährlicher Ort für einen Gangster. Zu dem Gebäude konnte sich jedermann Zutritt verschaffen. Al Capone riegelte alle Eingänge ab und ließ insbesondere den Flur rund um die Uhr bewachen, auf dem Torrio untergebracht war. Er selbst baute sich ein Feldbett in Torrios Krankenzimmer auf, um an seinem Krankenbett Wache zu schieben.

Torrio macht den Weg frei

Nur vier Wochen später war Johnny Torrio wieder auf den Beinen. Er musste sich wegen des Kaufs der illegalen Brauerei vor Gericht verantworten. Torrio wirkte gebrechlich. Der Anschlag schien ihn verändert zu haben. Seine Selbstsicherheit war wie weggewischt.

Johnny Torrio bekannte sich schuldig. Das Gericht verurteilte ihn zu neun Monaten Haft. Die Gefängnisstrafe war nicht das Problem für Torrio. Er kannte den Sheriff. Ein paar Schmiergelder sorgten dafür, dass der Aufenthalt im Gefängnis eher einem Urlaub in einem Luxushotel glich. Nur der Ausblick war etwas trübseliger.

Doch Torrios Sicht auf die Dinge hatte sich grundlegend verändert. Er sah das Geld, das er im Laufe seines Gaunerlebens angehäuft hatte. Ein wertloses Vermögen, wenn er tot in der Gosse lag. Er wollte aussteigen, solange er seinen Reichtum noch genießen konnte.

Im März 1925 besuchte ihn Al Capone im Gefängnis. Torrio unterrichtete ihn von seinen Plänen. Er würde ins Ausland gehen. Capone würde alle Anteile am Geschäft erben: Nachtklubs, Bordelle, Spielhöllen, Schnapsbrennereien und Flüsterkneipen. Al Capone war mit einem Schlag zum mächtigsten Gangsterboss in Chicago aufgestiegen.

 

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