(3) Hedayat Eslaminia

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Der Mord hatte Joe Hunt nicht das erhoffte Geld eingebracht, die finanziellen Probleme waren drückender denn je. Zwei Wochen nach der Ermordung von Ron Levin lernte Hunt Reza Eslaminia kennen. Ein Mitglied des »Billionaire Boys Club« hatte den jungen Mann zu einer der Partys angeschleppt. Reza Eslaminia war fasziniert vom Lifestyle der Yuppie-Bande. Da wollte er dazugehören. Er prahlte damit, dass sein Vater ein reicher Sack sei, der sich im Iran mit Opiumhandel eine goldene Nase verdient habe.

Hedayat Eslaminia, Rezas Vater, war iranischer Staatsbürger, dem die Vereinigten Staaten politisches Asyl gewährt hatten. Er galt als Vertrauter des ehemaligen Schahs von Persien und war nach der Machtübernahme von Ayatollah Khomenei aus dem Iran geflohen. Joe Hunt reichten diese Informationen. Er witterte eine Lösung für seine Probleme. »Project Sam« war geboren. Hunt gab seinen Verbrechen nun Codenamen, als handle es sich um eine Militäroperation.

»Project Sam«

Joe Hunt, Dean Karny, Ben Dosti, Jim Pittman, und Reza Eslaminia trafen sich am 30. Juli 1984 im »Villa Motel« bei Belmont (Kalifornien), um die letzten Details von »Project Sam« zu besprechen. Die fünf Männer hatten vor, Hedayat Eslaminia zunächst zu entführen und dann zu zwingen, seinen gesamten Besitz an Sohn Reza zu überschreiben. Reza Eslaminia hatte getönt, dass sein Vater einen Schatz von mindestens 30 Millionen Dollar hüte. Eslaminia versprach, dieses Geld umgehend in den »Billionaire Boys Club« zu investieren, sobald er Zugriff darauf habe. Inzwischen war er bereits Mitglied des BBC geworden.

Inwieweit Reza Eslaminia in die weiteren Pläne eingeweiht war, steht heute nicht fest. Denn Hedayat Eslaminia sollte ebenso wie Ron Levin sterben, sobald das Geschäft unter Dach und Fach war. Der Bursche, der hier so eiskalt seinen Vater ans Messer lieferte, verklagte jedenfalls später seine Mitverschwörer auf Schadenersatz und Schmerzensgeld wegen Ermordung seines Vaters. Die Idee, seinen Vater zu entführen, stammte jedoch zweifelsfrei von Reza Eslaminia persönlich. Sein Vater habe viele Feinde unter dem neuen Regime des Ayatollah. Bei einer Entführung würden die Behörden die Täter zunächst in diesem Umfeld vermuten.

Die Entführer hatten bereits ein Haus angemietet, in dem sie Hedayat Eslaminia so lange gefangen halten wollten, bis er die Verträge unterschrieben hatte. Joe Hunt schien sich regelrecht darauf zu freuen, dass er den Emigranten voraussichtlich foltern musste, um ihm seine Unterschrift zu entlocken. Joe Hunt und Ben Dotsi zogen sich schließlich im »Villa Motel« um. Beide staffierten sich mit der typischen braunen Uniform eines UPS-Kurierfahrers aus. Dean Karny präparierte derweil einen großen Reisekoffer. In diesem Gepäckstück wollte man die Geisel transportieren.

Die fünf Männer fuhren in einem Wohnmobil, das sich Hunt geliehen hatte, nach San Francisco, wo Rezas Vater wohnte. Die beiden vermeintlichen Kuriere überrumpelten den arglosen Hedayat Eslaminia. Hunt führte Chloroform mit sich, das nun zum Einsatz kam. Sie schleppten den bewusstlosen Mann zum Wohnmobil und sperrten ihn in den Koffer. Dann wechselten sie mit ihrer Geisel in einen Umzugswagen der Firma U-Haul, den sie gemietet hatten. In einer Kolonne von drei Fahrzeugen fuhr man von San Francsico nach Los Angeles zurück.

Atemlos

Es war eine heiße Nacht. Aus dem Koffer drangen Geräusche. Der Gefangene schnappte offenbar verzweifelt nach Luft. Karny stieß mit einem Schraubenzieher mehrere Löcher in den Koffer. Hedayat Eslaminia fing sofort an, zu schreien. Karny hatte Angst, dass jemand auf der Straße die Rufe hören könnte, und verschloss die Luftlöcher wieder.

Sie luden den Koffer erneut in das Wohnmobil. Inzwischen war aus dem Gepäckstück nur noch ein Röcheln und Stöhnen zu vernehmen. Dean Karny öffnete den Koffer, um nach der Geisel zu schauen. Ihm schlugen ein Schwall heißer Luft und der scharfe Geruch von Urin entgegen. Der Mann hatte sich in die Hosen gepisst. Karny wurde übel. Er schlug den Deckel zu.

Hunt bestand darauf, dass Karny den Zustand des Gefangenen genauer überprüfte. Als Karny das nächste Mal den Kofferdeckel anhob, schien der Mann sich zu übergeben. Ihm rann Flüssigkeit aus dem Mund. Karny suchte nach einer Taschenlampe. Es verging eine Weile, bis er sie gefunden hatte. Als er zum Koffer zurückkehrte, rührte sich Hedayat Eslaminia nicht mehr. Karny fühlte den Puls. Nichts. Die Geisel war tot.

Die Beseitigung von Hedayat Eslaminia

Joe, Dean und Ben schleppten den Koffer mit dem Toten in ihr Versteck, das sie angemietet hatten. Beim Abendessen besprachen sie, wie sie nun weiter vorgehen wollten. Zunächst mussten sie die Leiche beseitigen. Man wickelte Eslaminias Leichnam in eine Plane und fuhr ihn zum Soledad Canyon hinaus. Joe Hunt glaubte, dass er immer noch Profit aus der Geschichte herausschlagen könne. Sie würden Hedayat Eslaminias Unterschrift fälschen und seine Konten plündern. Doch dann stellte sich heraus, dass Reza Eslaminia mit seinen Schilderungen maßlos übertrieben hatte. Die meisten Konten seines Vaters waren praktisch leer.

Blieb nur noch der Immobilienbesitz und die Autos, an denen man sich bedienen konnte. Joe Hunt schickte Reza Eslaminia und Ben Dotsi in die Schweiz. Sie sollten dort mithilfe gefälschter Dokumente einen Notar auftreiben, der sämtlichen Besitz von Hedayat Eslaminia auf seinen Sohn überschrieb.

Derweil hatte Dave May Fortschritte auf der Suche nach belastendem Material gemacht. Er hatte einige Dokumente zusammengetragen, aus denen hervorging, dass Joe Hunt in großem Stil Kundengelder veruntreute. Er präsentierte die Unterlagen seinem Zwillingsbruder Tom und einigen anderen ernüchterten Kollegen. Man beschloss, dem »Billionaire Boys Club« den Rücken zu kehren, bevor die Sache ein Fall für die Justiz wurde. Der Anwalt der May-Familie wendete sich nun erstmals mit den Erkenntnissen an die Polizei.

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