(7) Ein gestörter Typ

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Bereits während der 1960er Jahre befand sich Gary Heidnik mehrfach stationär in psychiatrischer Behandlung. Dann nahm sich 1970 seine Mutter Ellen das Leben, indem sie sich vergiftete. Danach verschlimmerte sich Heidniks geistiger Zustand. Es folgten zahlreiche Selbstmordversuche, die ihm noch häufigere und längere Klinikaufenthalte einbrachten – ein Teufelskreis. Ein Psychiater, der ihn später für den Prozess begutachtete, beschrieb es so: „Wären psychische Erkrankungen ein olympischer Wettbewerb – Gary Heidnik wäre ein aussichtsreicher Kandidat für die Goldmedaille.“

Hoher IQ

Wenn er in der Psychiatrie untergebracht war, verweigerte er zeitweise jegliche Kommunikation. In einem seiner lichteren Momente führte man mit ihm eine Reihe von IQ-Tests durch. Die Resultate ergaben, dass Gary Heidnik einen IQ von über 130 besaß und weit überdurchschnittlich intelligent war.

Nachdem er seinen Bruder Terry mit einem Holzflugzeug attackiert hatte, wies man ihn vorübergehend in eine geschlossenen Abteilung ein. Nach seiner Entlassung besuchte er seinen Bruder. Er sagte ihm, wenn Terry infolge des Unfalls verstorben wäre, hätte er seine Leiche mit Säure in einer Badewanne aufgelöst, um seinen Leichnam verschwinden zu lassen. So etwas hört man doch gerne von seinem eigenen Fleisch und Blut.

Jede weitere Krankenhauseinweisung hatte zur Folge, dass Gary Heidniks Verhalten immer bizarrer wurde. Er trug beständig eine Lederjacke, die er sich weigerte auszuziehen. Körperpflege war für ihn ein Fremdwort. Die meisten Tage blieb er komplett stumm. Er schrieb allenfalls Nachrichten auf Notizzettel, um die allernotwendigsten Dinge zu kommunizieren. Und er entwickelte eine Reihe von Ticks. Zum Beispiel salutierte er ständig oder rollte ein Hosenbein hoch, wenn er nicht gestört werden wollte.

Kirchengründer

1971 unternahm er eine Reise nach Kalifornien. Plötzlich ereilte ihn die Eingebung, eine eigene Kirche zu gründen. Er kehrte nach Philadelphia zurück und ließ dort die »United Church of the Ministers of God« registrieren. Er selbst nannte sich »Bischof Heidnik«. Die Kirche bestand gerade einmal aus fünf Gemeindemitgliedern. Dazu zählten neben Gary Heidnik selbst sein Bruder Terry und Garys geistig behinderte Lebensgefährtin. Diese »Kirche« existierte auch noch 1987, wie ein Schild neben dem Hauseingang dokumentierte. Heidnik hielt sogar noch Versammlungen in seinem Haus ab, während er im Keller die ersten Frauen gefangen hielt.

Das Finanzgenie

1975 eröffnete Gary Heidnik ein Konto bei der Bank Merrill Lynch auf den Namen seiner Kirche. In den nächsten zwölf Jahren gelang es ihm, die ursprüngliche Einlage von 1.500 US-Dollar durch kluge Geldanlagen in 545.000 US-Dollar zu vervielfachen. Der Mann war vielleicht Dauergast in psychiatrischen Anstalten. Aber er war zweifellos ein Investment-Genie.

Kriminelle Vorgeschichte

1976 geriet Gary Heidnik erstmals mit dem Gesetz in Konflikt. Er wurde wegen schwerer Körperverletzung und Tragen einer nicht registrierten Waffe angezeigt. Heidnik hatte auf einen Mann geschossen, der ein Haus von ihm mieten wollte. Er hatte nur knapp den Kopf des potenziellen Mieters verfehlt. Heidnik veräußerte das Objekt später an andere Interessenten. Als diese das Haus aufräumten, entdeckten sie im Keller ein tiefes Loch im Estrich. Offensichtlich hatte Heidnik seine Pläne für das Folterverlies schon mehr als zehn Jahre ausgebrütet.

Anderthalb Jahre später wurde Heidnik erneut auffällig. Zu dieser Zeit war er mit einer geistig behinderten Frau namens Jeanette Perkins liiert. Ihre Schwester, ebenfalls geistig schwer beeinträchtigt, war in einer Klinik untergebracht. Heidnik schwindelte das Betreuungspersonal an und erwirkte die Entlassung des Mädchens. Danach hielt Heidnik sie in seinem Keller gefangen. In diesem Fall sorgte das Verschwinden der Frau jedoch für genügend Aufsehen. Die Spuren führten direkt zu Gary Heidnik, bei dem die Polizei die Vermisste schließlich auch fand.

Nach ihrer Befreiung ließ man das Mädchen im Krankenhaus untersuchen. Der Arzt stellte fest, dass die Frau vaginal, anal und oral vergewaltigt worden war. Zudem hatte sie sich mit Gonorrhöe angesteckt. Die Polizei verhaftete daraufhin Heidnik. Der Staatsanwalt klagte ihn der Entführung, Freiheitsberaubung, Vergewaltigung und sexuellen Nötigung an. Der Fall kam im November 1978 vor Gericht. Heidnik trat in den Zeugenstand und behauptete, unschuldig zu sein.

Der Richter ordnete ein psychiatrisches Gutachten an. Der Sachverständige beschrieb Gary Heidnik als extrem manipulativ und sexuell unreif. Das Gericht befand ihn für schuldig und verurteilte ihn zu drei bis sieben Jahren Gefängnis. Die meiste Zeit seiner Strafe verbrachte er in forensischen Kliniken. Am 12. April 1983 entließ man ihn unter der Auflage, dass er zukünftig an einer staatlich anerkannten Therapie teilnahm. Aber Gary Heidnik war offensichtlich nicht mehr zu helfen.

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