(3) Post vom Teufel

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Im Herbst 1934 ging bei der New Yorker Polizei kaum noch jemand davon aus, dass man den Fall Grace Budd eines Tages noch lösen würde. Mehr als sechs Jahre waren inzwischen seit dem Verbrechen vergangen. Dennoch war dem Vermisstenfall nach wie vor ein Beamter zugewiesen, der sporadisch neue Anläufe unternahm, andere Ermittlungsansätze zu finden. So kam Detective William F. King die Idee, einen Bekannten von der Presse für seine Zwecke einzuspannen. Er steckte dem Reporter Walter Winchell eine vermeintlich vertrauliche Information zu.

Winchell schluckte den Köder. Am 2. November 1934 schrieb er einen Artikel, der an den in Vergessenheit geratenen Fall Grace Budd erinnerte: »Ich habe inzwischen aus sicherer Quelle erfahren, dass sich eine neue heiße Spur ergeben hat. Das zuständige Dezernat geht davon aus, das mysteriöse Verbrechen innerhalb der nächsten vier Wochen klären zu können.«

Ein anonymes Schreiben

Zehn Tage nach der Veröffentlichung dieses Artikels erhielt Delia Budd einen Brief. Delia war Analphabetin. Sie reichte ihn an ihren Sohn Edward weiter, der immer noch zu Hause lebte. Er las den Brief stumm durch. Nach der Lektüre stürmte er wortlos zur Tür hinaus und ließ seine ratlose Mutter zurück. Er händigte das Schreiben Detective King aus. King konnte gut nachvollziehen, warum Edward den Brief seiner Mutter vorenthalten hatte. Der Inhalt war so unfassbar grausam, dass die arme Frau womöglich auf der Stelle tot umgefallen wäre, hätte sie ihn gehört.

Liebe Mrs. Budd,

1894 heuerte einer meiner Freunde – Kapitän John Davis – als Matrose auf dem Dampfer ‚Tacoma‘ an. Das Schiff verkehrte zwischen San Francisco und Hongkong. Nach der Ankunft in China ging er mit zwei Kameraden von Bord. Sie betranken sich. Als sie zum Schiff zurückkehrten, war es verschwunden.

Zu dieser Zeit herrschte eine große Hungersnot in China. Fleisch jeglicher Art kostete ein bis drei Dollar das Pfund. Unter den Armen war der Hunger so groß, dass sie ihre Kinder unter 12 Jahren für ein paar Lebensmittel verkauften, damit die übrigen dem Hungertod entkamen. Ein kleiner Junge oder ein kleines Mädchen war in diesen Tagen seines Lebens nicht sicher. Sie konnten in jedes Geschäft gehen und nach einem Steak, Kotelett oder Ragout fragen. Man brachte Ihnen dann ein frisches Stück von einem Jungen oder Mädchen. Sie konnten sogar wählen, welches Teil Sie gerne haben wollten. Das wurde dann vor Ihren Augen zugeschnitten. Das Hinterteil, welches das zarteste Stück Fleisch eines Jungen oder Mädchens ist, wurde als Kalbsschnitzel angeboten und erzielte den höchsten Preis.

John blieb lange genug, um selber auf den Geschmack zu kommen. Als er wieder nach New York zurückgekehrt war, entführte er zwei Jungen. Der eine sieben, der andere 11. Nahm sie mit zu sich nach Hause, zog sie aus und sperrte sie in einen Schrank. Dann verbrannte er die Sachen, die sie am Leib trugen. Mehrfach täglich züchtigte und quälte er sie. Das machte ihr Fleisch schön zart und weich.

Als Erstes tötete er den 11-jährigen Jungen, weil er den fetteren Hintern hatte und weil natürlich mehr Fleisch an ihm dran war. Er aß jedes Körperteil von ihm. Bis auf den Kopf, die Knochen und die Innereien. Er schmorte ihn im Backofen (seinen kompletten Hintern), kochte ihn, grillte ihn, briet ihn und dünstete ihn. Als Nächstes kam der kleine Junge dran. Da ging er genauso vor. Zu dieser Zeit lebte ich 409 E 100th Street – direkt im Nachbarhaus. Er erzählte mir häufig, wie vorzüglich Menschenfleisch munde. Irgendwann musste ich es selber ausprobieren.

Am Sonntag, dem 3. Juni 1928, meldete ich mich bei Ihnen 406 W 15th Street. Brachte Ihnen Hüttenkäse. Erdbeeren. Wir aßen gemeinsam. Grace saß auf meinem Schoß und gab mir einen Kuss. Da beschloss ich, sie zu verspeisen.

Ich gab vor, sie auf eine Feier mitzunehmen. Sie erlaubten es. Ich brachte sie zu einem verlassenen Haus in Westchester, das ich mir vorher schon ausgeguckt hatte. Als wir dort ankamen, sagte ich ihr, sie solle draußen warten. Sie pflückte ein paar Blumen. Ich ging nach oben und zog meine Kleider aus. Mir war klar, dass ich andernfalls meinen Anzug mit Blut besudeln würde.

Als ich soweit war, ging ich zum Fenster und rief sie herauf. Dann versteckte ich mich in einem Schrank, bis sie das Zimmer betrat. Als sie mich völlig nackt erblickte, begann sie zu schreien und rannte die Treppe hinunter. Ich schnappte sie mir. Sie sagte, sie würde alles ihrer Mama erzählen.

Dann zog ich sie aus. Wie sie trat, kratzte und biss. Ich hab sie erwürgt und dann in kleine Stücke geschnitten. So konnte ich sie mit zu mir nach Hause nehmen. Hab sie da gekocht und gegessen. Wie zart und weich ihr kleiner Hintern im Ofen wurde. Es dauerte neun Tage, bis ich ihren ganzen Körper aufgegessen hatte. Ich habe sie nicht gefickt, obwohl ich Gelegenheit dazu hatte, wenn ich gewollt hätte. Sie starb jungfräulich.

Im ersten Moment wollte keiner glauben, dass dieser Brief authentisch war. Das kranke Zeug musste dem Hirn irgendeines perversen, sadistischen Spinners entsprungen sein, der seine Befriedigung daraus zog, die unglücklichen Angehörigen zu quälen. Aber William King musste sich eingestehen, dass der Verfasser Details über die Begegnung des Täters mit der Familie Budd erwähnte, welche der Öffentlichkeit nicht bekannt waren.

Das Telegramm des angeblichen Frank Howard befand sich nach wie vor unter den Beweisstücken. King verglich die Handschriften miteinander. Sie stimmten überein. Der Brief stammte also tatsächlich vom Mörder der kleinen Grace. Dadurch gewannen die Schilderungen des Täters, was er mit dem Mädchen angestellt hatte, automatisch an Glaubwürdigkeit. Detective William King dämmerte, dass da draußen seit Jahren ein gemeingefährlicher Irrer frei herumlief. Sie mussten alles daran setzen, diesen Kerl endlich auszuschalten.

 

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