Albert Fish sollte zweimal angeklagt werden. Das Westchester County wollte ihn wegen der Ermordung von Grace Budd vor Gericht bringen, New York aufgrund der Entführung des Mädchens. Beides waren Kapitalverbrechen, die nach der damaligen Rechtssprechung mit dem Tode bestraft werden konnten. Aber was war mit den anderen verschwundenen Kindern, die man letztmalig in Begleitung des »grauen Mannes« gesehen hatte?
Ein Zeuge meldet sich
In den Vermisstenfällen Billy Gaffney und Francis McDonnell gelang der Polizei nach der Verhaftung von Albert Fish ein entscheidender Durchbruch. Zunächst meldete sich ein pensionierter Straßenbahnführer aus Brooklyn bei den Behörden. Er hatte Fishs Foto in der Zeitung gesehen und behauptete, in ihm einen Fahrgast wiederzuerkennen, der ihm am 11. Februar 1927 aufgefallen sei.
Der alte Mann habe neben einem kleinen Jungen gesessen. Der Junge habe trotz der kalten Witterung weder Jacke noch Mantel getragen. Er habe in einem fort geweint und nach seiner Mama geschrien. Der Alte habe ihn jedes Mal zurück auf den Sitz gezogen, wenn der Junge davonlaufen wollte. Die Beschreibung, die der Straßenbahnführer Joseph Meehan von dem Jungen lieferte, passte auf den entführten Billy Gaffney.
Der Vampir von Brooklyn
Als die Beamten Albert Fish mit der Zeugenaussage konfrontierten, gestand er auch diese Tat: »Ich brachte ihn zu der Mülldeponie an der Riker Avenue. Da gibt es ein alleinstehendes Haus. Nicht weit entfernt von der Stelle, wo ich ihn mir geschnappt habe. Als ich ihn dort hatte, habe ich ihn ausgezogen und an Händen und Füßen gefesselt. Hab ihm einen Schmutzlappen in den Mund gesteckt, den ich auf der Deponie gefunden hatte. Dann habe ich seine Sachen verbrannt. Seine Schuhe hab ich auf die Halde geworfen. Um zwei hab ich die Bahn zur 59th Straße genommen. Von da bin ich zu Fuß nach Hause gegangen.«
»Am nächsten Tag bin ich wieder um zwei zu dem Haus zurückgekehrt. Hatte mir Werkzeug eingesteckt. Und eine schwere neunschwänzige Katze. Handgemacht. Kurzer Griff. Hab dafür einen meiner Gürtel in zwei Hälften geschnitten. Die Hälften hab ich längs in sechs Streifen aufgeteilt, jeweils um die zwanzig 20 Zentimeter lang. Ich hab ihn von hinten ausgepeitscht, bis ihm das Blut die Beine herablief. Ich hab ihm die Ohren abgeschnitten. Die Nase. Hab ihm seinen Mund von Ohr zu Ohr aufgeschlitzt. Die Augen herausgedrückt. Er war dann tot. Ich hab ein Messer in seinen Bauch gestochen und meinen Mund an seinen Körper gehalten, um das Blut zu trinken.«
»Ich hab mir vier alte Kartoffelsäcke und einen Haufen Steine besorgt. Ich hatte einen Handkoffer dabei. Seine Nase, die Ohren und ein paar Bauchstreifen hab ich in den Koffer getan. Ich hab ihn in der Mitte aufgeschlitzt, genau über dem Nabel. Hab sein Hinterteil komplett rausgetrennt und die Beine etwa 5 Zentimeter darunter abgeschnitten. Hab ich auch alles in den Koffer getan, allerdings mit viel Papier umwickelt. Den Kopf, die Füße, die Arme, die Hände und die Waden hab ich zusammen mit den Steinen in die Säcke gepackt. Hab die Enden vertäut und die Säcke in einem der Schlammteiche versenkt, die man entlang der Straße nach North Beach überall findet.«
»Zu Hause habe ich das Fleisch dann gegessen. Ich hatte das Bruststück, das ich am meisten mochte, seine Murmeln, seinen Pullermann und ein fettes Hinterteil, um es im Ofen schön knusprig zu braten. Aus den Ohren, der Nase, Teilen des Gesichts und dem Bauch habe ich ein Ragout gemacht. Ich habe Zwiebeln, Karotten, Steckrüben, Sellerie, Salz und Pfeffer dazugetan. Es schmeckte gut.«
»Dann habe ich die Backen seines Hinterteils gespalten, die Murmeln und den Pullermann abgeschnitten und erst einmal gewaschen. Ich habe Schinkenstreifen auf jede Hinterbacke gelegt und alles in den Ofen geschoben. Als das Fleisch eine Viertelstunde geschmort hatte, habe ich einen halben Liter Wasser für den Bratensatz drübergegossen und hab vier Zwiebeln dazugepackt. In regelmäßigen Abständen hab ich den Braten mit einem Holzlöffel geklopft. So blieb das Fleisch zart und saftig.«
»Innerhalb von zwei Stunden war der Braten durch und knusprig braun. Ich hab in meinem Leben keinen Truthahn gegessen, der nur halb so gut geschmeckt hat wie dieser kleine zarte Hintern. Ich habe vier Tage gebraucht, um alles aufzuessen. Der winzige Pullermann schmeckte süßlich wie eine Nuss, doch die Murmeln konnte ich nicht kauen. Hab sie die Toilette runtergespült.«
Die Beamten der New Yorker Polizei konnten nachweisen, dass Albert Fish im Februar 1927 als Maler für eine Baufirma in Brooklyn gearbeitet hatte. Am Tag, als Billy Gaffney spurlos verschwand, arbeitete er auf einer Baustelle, die nur wenige Kilometer vom Tatort entfernt war. Die Polizei gelangte zu dem Schluss, dass Albert Fish aller Voraussicht nach der Mörder von Billy Gaffney war.
Der Mordfall Francis McDonnell
Auch im Vermisstenfall Francis McDonnell identifizierten mehrere Zeugen Albert Fish als den »grauen Mann«, der zuletzt mit dem verschwundenen Jungen gesehen worden war. Zunächst bestritt Fish, dieses Verbrechen begangen zu haben. Erst im März 1935 bestätigte er den Ermittlern, Francis McDonnell vergewaltigt und getötet zu haben.
Angesichts dreier Mordanklagen mit belastenden Indizien, Zeugenaussagen und Geständnissen des Angeklagten, die zudem vor verschiedenen Gerichten verhandelt worden wären, war es er sehr unwahrscheinlich, dass Albert Fish nochmals auf freien Fuß kam. Bisher war jedoch noch unklar, warum Fish seine Verbrechen begangen hatte. Wie konnte sich ein normaler Mensch in solch eine Bestie verwandeln, deren Taten jede Vorstellungskraft sprengten? Oder war Albert Fish niemals normal gewesen? Darüber mussten nun die psychiatrischen Gutachter entscheiden.
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