Der Krieg von Castellammare

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Intro

Der Krieg von Castellammare 1930/31 markiert den endgültigen Übergang von herkömmlicher Bandenkriminalität hin zum organisierten Verbrechen in den USA. Die damaligen Revierkämpfe zwischen verschiedenen Mafiagruppierungen in New York wirken sich bis in die Gegenwart aus. Seinerzeit entwickeln sich die grundlegenden Strukturen der Syndikate, die deren Macht bis heute sicherstellen.

Steuerfahndung vor der Tür

Salvatore Maranzano war nervös. Nur fünf Monate zuvor hatte er sich zum capo di tutti capi, zum Boss aller Unterweltbosse in den USA ernannt. Doch dieser Ganovenkönig von eigenen Gnaden schwitzte nun Blut und Wasser, weil sich ein weit schlimmerer Feind angekündigt hatte als all die schießwütigen Gangster, die nach seinem Leben trachteten.

Die US-amerikanische Steuerbehörde IRS hatte Maranzanos Import/Export-Geschäft auf dem Kieker und eine Betriebsprüfung angeordnet. Der Laden war nur Fassade für seine illegalen Aktivitäten. Die Finanzbeamten würden ihm nur allzu gerne Steuerhinterziehung nachweisen. Damit hatten sie gerade Al Capone dran bekommen, dem nun eine lange Gefängnisstrafe drohte.

Maranzano hatte seinen Leibwächtern befohlen, an diesem 10. September 1931 alle Waffen zu Hause zu lassen, bevor sie in seinem Büro in der 230 Park Avenue erschienen. Wenn die Steuereintreiber die Knarren sahen, würden sie am Ende noch die Polizei rufen. Der Mafiaoberboss eingebuchtet wegen unerlaubten Waffenbesitzes – es wäre der Witz des Jahrhunderts.

Auch du mein Brutus

Tatsächlich tauchten an diesem Tag vier Männer auf, die sich als IRS-Finanzbeamte ausgaben. Dass er in die Falle getappt war, musste Cäsar-Bewunderer Maranzano spätestens geahnt haben, als die vermeintlichen Sachbearbeiter der Steuerbehörde Waffen zogen und die Leibwächter zwangen, sich an der Wand aufzureihen. Ein Gefolgsmann hatte ihn verraten und seinen Feinden ans Messer geliefert.

Einer der Eindringlinge führte Maranzano in sein angrenzendes Privatbüro und schloss die Tür. Die Zeugen im vollbepackten Nebenraum hörten Geräusche eines Kampfes. Dann mehrere Schüsse. Als die Bürotür aufging, lag Salvatore Maranzano tot in einer Blutlache, sein Körper durchsiebt von Kugeln und Messerstichen.

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So weit bekannt existieren lediglich Fotos vom toten Maranzano – wie dieses vom Tatort

Maranzanos Traum von einem Verbrecher-Syndikat nach sizilianischem Vorbild war damit ausgeträumt. Doch seine Nachfolger sollten viele seiner Idee aufgreifen und den praktischen Gegebenheiten in den USA anpassen. Für mehr als fünf Jahrzehnte war die amerikanische Cosa Nostra dann für die Behörden nahezu unangreifbar und wuchs mit ungehemmter Wucht zu einem Multimilliarden-Business heran.

3 Kommentare

  1. Hallo!
    Ich muss sagen, dass mich überrascht hat, wie qualitativ hochwertig Sie schreiben. Besonders die Auswahl an weniger bekannten Fällen ist interessant. Die habe die Webseite markiert.

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