(2) Blue Rock Springs

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Darlene Ferrin war 22 Jahre alt, wirkte aber deutlich jünger. Das mochte an der Zahnspange liegen, die sie noch trug. Die junge Frau war jedoch bereits zum zweiten Mal verheiratet und lebte mit ihrem Mann Dean und ihrer Tochter Dena zusammen in Vallejo. Sie trug ihr blondes Haar kurz, wog 59 kg und war 1,55 m groß. Außerdem arbeitete sie als Kellnerin in einem Restaurant namens „Terry’s“.

Bloß reden

Am Freitag, dem 4. Juli 1969, meldete sich Darlene bei ihrem Freund Michael Mageau. Der 4. Juli war der amerikanische Unabhängigkeitstag und damit Feiertag. Die beiden verabredeten sich für den Abend zu einem Kinobesuch in San Francisco. Darlene holte Michael zu Hause ab, der alleine lebte. Michael war offensichtlich in Eile. Als er das Haus verließ, ließ er alle Lichter brennen, den Fernseher laufen und die Tür offenstehen.

Statt im Kino landeten die Beiden auf einem Parkplatz am Columbus Parkway, der zum Blue Rock Springs, einem Golfklub, gehörte. Laut Michael Mageau wollten die beiden bloß reden. Der Parkplatz war zu diesem Zeitpunkt komplett verlassen.

Die vermeintliche Polizeikontrolle

Gegen 0.10 Uhr tauchte plötzlich ein weiterer Wagen auf, vermutlich ein hellbrauner Ford Mustang oder ein Chevrolet Corvair. Der Fahrer stellte den Wagen so ab, dass Darlene Ferrin mit ihrem Auto nicht mehr wegfahren konnte. Ein Mann stieg aus dem Fahrzeug aus. Er hielt eine Taschenlampe in der Hand. Darlene und Michael gingen davon aus, dass es sich um einen Polizisten handelte. Deshalb zückten sie ihre Ausweise.

Kein Wort

Das Fenster auf der Beifahrerseite war unten. Der Mann trat davor. Das grelle Licht der Taschenlampe blendete Michael. Dann hörte er plötzlich fünf Schüsse krachen. Er spürte Schmerzen. Darlene sank auf ihrem Sitz nach vorne. Sie wurde mehrfach getroffen. Einige der Kugeln waren durch Michael hindurchgegangen und hatten die junge Frau ebenfalls getroffen.

Der Fremde wendete sich ab. Michael schrie vor Schmerzen auf. Daraufhin kehrte der Schütze zurück und feuerte vier weitere Schüsse ab. Michael konnte sich auf den Rücksitz retten. Bei dieser Gelegenheit konnte Mageau erstmals das Gesicht des Täters erkennen. Es war ein Weißer, Ende 20 bis Anfang 30, von stämmiger Statur, etwa 1,72 bis 1,75 m groß, mit rundem Gesicht und braunen Haaren. Der Mann sagte die ganze Zeit kein Wort. Schließlich kehrte er zu seinem Wagen zurück und verließ den Parkplatz.


Der Wagen der Opfer stand ungefähr an der Stelle, an der nun der rote Pkw links zu erkennen ist. Statt der Nadelbäume befanden sich seinerzeit zur Straße hin relativ blickdichte Eukalyptusbäume, wie sie in der Bildmitte zu sehen sind. Der Columbus Parkway war damals einspurig und führt von hier direkt nach Vallejo hinein. Geradeaus in Blickrichtung liegt die Lake Herman Road.

 

Mit gespaltener Zunge

Michael Mageau kroch langsam aus dem Wagen hervor. Von seinem Nacken und der Backe floss Blut. Eine Kugel hatte ihren Weg durch seinen Wangenknochen und die Zunge gefunden. Er konnte kaum noch sprechen. Darlene Ferrin stöhnte leise vor sich hin.

In diesem Augenblick bogen zufällig drei Teenager auf den Parkplatz ein. Sie hielten nach einem Freund Ausschau. Sie bemerkten den Wagen und den schwer verletzten Jungen. Ohne zu zögern, sprangen sie aus dem Wagen, um zu helfen. Michael konnte ihnen trotz seines eingeschränkten Sprechvermögens irgendwie erklären, dass sich im Wagen noch eine angeschossene Frau befand.

Die drei Jungen fuhren zum Haus eines Freundes in der Nachbarschaft, um die Polizei zu verständigen. Die Streifenbeamten Hoffman und Conway waren die ersten Polizisten am Tatort. Dann traf der Rettungswagen ein. Darlene war von fünf Schüssen getroffen worden, Michael von vier. Darlene Ferrin wurde um 0.38 Uhr für tot erklärt.

Michael Mageau versuchte zwar, die Fragen der Beamten beantworten, befand sich aber bereits im Schockzustand. Eine genauere Beschreibung von Täter und Fluchtfahrzeug war ihm zu diesem Zeitpunkt nicht möglich.

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Die Opfer Betty Lou Jensen, David Faraday und Darlene Ferrin (v.l.n.r.)

Ein anonymer Anruf

Etwa 45 Minuten nach den Schüssen in Blue Rock Springs ging auf der Wache der Polizei von Vallejo ein Anruf ein. Die Stimme am anderen Ende des Telefons wirkte ruhig und sachlich. Der Mann berichtete dem Beamten von einem Doppelmord, gab die genaue Stelle an und beschrieb den Wagen von Darlene Ferrin.

Dann fügte er hinzu: „Sie wurden mit einer 9-Millimeter-Luger erschossen. Ich habe außerdem die beiden Kids im letzten Jahr getötet. Tschüss. Auf Wiedersehen.“ Der Anruf kam von einem öffentlichen Münzfernsprecher in Vallejo, nicht weit entfernt vom Polizeirevier.

Michael Mageau wurde morgens um 8.25 Uhr operiert. Nachdem er wieder bei Bewusstsein war, vernahmen ihn die Polizisten. Er konnte der Polizei jetzt zwar Angaben machen. Doch er veränderte seine Geschichte mehrfach. Als er aus dem Krankenhaus entlassen wurde, tauchte er unter. Er hatte Angst, der Mörder könne zurückkehren, um ihn als Zeugen zu beseitigen.

Kein Zusammenhang?

Die Ermittlungen der Polizei liefen ins Leere. Zunächst geriet Darlenes Ehemann Dean Ferrin unter Verdacht. Doch er hatte ein wasserdichtes Alibi. Zum Zeitpunkt des Anschlags hatte er als Koch in einem Restaurant namens „Caesar’s“ gearbeitet. Auch Darlenes Ex-Mann James Philipps Crabtree wurde kurzzeitig der Tat verdächtigt.

Einen Zusammenhang mit den Morden an der Lake Herman Road ein halbes Jahr zuvor sah die Polizei zunächst nicht, obwohl die Tatorte nur 6,5 km voneinander entfernt lagen und die Tatumstände sich ähnelten. Dem anonymen Anruf maß man noch keine besondere Bedeutung zu. Konkrete übereinstimmende Spuren gab es nicht, wenn man von dem anonymen Anruf absieht. Die Opfer stammten zwar aus derselben Stadt. Darlene Ferrin hatte zudem die gleiche High School wie Betty Lou Jensen besucht. Aber ansonsten standen die Opfer beider Taten in keinem engeren Kontakt.


Die beiden Tatorte Lake Herman Road (rechts) und Blue Rock Springs (links)

 

Zudem gab es Probleme mit den Zuständigkeiten. Im Fall Ferrin/Mageau ermittelte die Stadtpolizei von Vallejo, für die Morde an der Lake Herman Road war der Sheriff von Solano County zuständig. Der Zusammenhang sollte erst Ende Juli sichtbar werden, als der Fall eine dramatische Wendung nahm.

 

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