(3) „Hier spricht der Zodiac“

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Am 31. Juli 1969 gingen bei drei Tageszeitungen im Raum San Francisco anonyme Schreiben mit nahezu identischem Wortinhalt ein. Der Verfasser ließ keinerlei Zweifel daran, dass er a) der Mörder der Teenager war und b) beide Verbrechen in Vallejo und Benicia in direktem Zusammenhang standen. Denn er offenbarte in den Briefen exklusives Täterwissen.

Serienmörder mit gesteigertem Mitteilungsbedürfnis waren damals keine Novität mehr. Schon zu Zeiten von Jack the Ripper waren bei Polizei und Presse zahlreiche Bekennerschreiben eingetroffen. In letzterem Fall bestehen bis heute allerdings Zweifel daran, ob einer der Texte tatsächlich aus der Feder des Mörders stammte.

Im Fall des „Mad Bomber“ George Metesky, der in den 1940er und 1950er Jahren die Stadt New York terrorisierte, sah die Sache schon anders. Eine noch größere Aufmerksamkeit war den Briefen beschieden, die der „Son of Sam“ David Berkowitz und der BTK-Killer Dennis Radar verschickten. Doch den letztgenannten Verbrechern wurde ihre Schreiberei schließlich zum Verhängnis. Der Zodiac-Killer sollte hingegen über zehn Jahre hinweg munter Briefe schreiben und konnte dennoch niemals gefasst werden.

Eine Geheimcode mit 408 Zeichen

Der erste Text ging am 31. Juli an den „San Francisco Chronicle“, den „San Francisco Examiner“ und die „Vallejo Times“ heraus. Das Anschreiben war wie erwähnt nahezu identisch. Doch jedem Kuvert lagen drei unterschiedliche Teile eines Kryptogramms bei, das insgesamt 408 Symbole umfasste und nur zusammen Sinn ergab.

Zudem war der Briefumschlag mit zwei 6-Cent-Marken mehr als ausreichend frankiert. Der Täter schien sicher stellen zu wollen, dass die Briefe pünktlich ausgeliefert wurden. Außerdem unterzeichnete er den Brief mit einem Logo, das in der Folge zu seinem persönlichen Erkennungsmerkmal werden sollte.

Zodiac Killer - Brief 31.7.1969
Brief des Zodiac vom 31.7.1969, Seite 1
Zodiac Killer - Brief 31.7.1969
Brief des Zodiac vom 31.7.1969, Seite 2

In dieses Zeichen ist viel hineininterpretiert worden. Die Theorien, was es bedeuten könnte und wo es überall gesichtet bereits wurde, würden Seiten füllen. Ähnliches gilt für den Namen „Zodiac“ (englisch für Tierkreiszeichen), den sich der Mörder selber gab. Ich stelle an dieser Stelle nur die simpelste Erklärung vor, die beides unter einen Hut bringt: den Schweizer Uhrenhersteller Zodiac.

Die Firma existierte bereits zum Zeitpunkt der Morde und war in den USA durchaus bekannt. Das Modell Super Sea Wolf, das auf der Startseite des Internetauftritts erscheint, wurde zum Beispiel 1970 zur offiziellen Uhr der U.S. Navy Seals bestimmt.

Eine grobe Übersetzung des Briefs vom 31. Juli 1969 an den „San Francisco Chronicle“:

Lieber Herausgeber,

hier schreibt der Mörder der beiden Teenager am Lake Herman letzte Weihnachten und des Mädchens am 4. Juli am Golfplatz in Vallejo. Um zu beweisen, dass ich der Mörder bin, werde ich einige Fakten nennen, die nur mir und der Polizei bekannt sind.

Weihnachten
1) Markenname der Munition war Super X
2) 10 Schüsse wurden abgefeuert
3) Der Junge lag auf dem Rücken mit den Füßen zum Wagen
4) Das Mädchen lag auf der rechten Seite, die Füße zeigten gen Westen

4. Juli
1) Das Mädchen trug gemusterte Hosen
2) Der Junge wurde unter anderem im Knie getroffen
3) Markenname der Munition war Western

Hier ist ein Teil eines Geheimcodes. Die anderen beiden Teile des Codes habe ich an die Herausgeber der Vallejo Times und des San Francisco Examiner geschickt. Ich verlange, dass Sie den Code in Ihrer Zeitung abdrucken. Der Code enthält meine Identität.

Wenn Sie den Code nicht bis zum Nachmittag des 1. August 1969 abdrucken, werde ich Freitagnacht einen Amoklauf starten. Ich werde das gesamte Wochenende herumfahren und nachts einsame Menschen töten und so lange damit weitermachen, bis ich übers Wochenende ein Dutzend getötet habe.

Die Zeitungen kamen der Aufforderung nach und druckten den Code ab. Im „San Francisco Chronicle“ erschien er beispielsweise auf Seite 4. Neben der verschlüsselten Nachricht ließ sich der Polizeichef von Vallejo mit den Worten zitieren: „Wir sind nicht restlos überzeugt, dass der Brief vom Mörder stammt.“ Die Polizei blieb also skeptisch, ob das Schreiben tatsächlich authentisch war. Vielleicht wollte sie den Täter auch nur provozieren, einen weiteren Brief abzuschicken. Je mehr er von sich preisgab, umso bessere Chancen bestanden, dass ihm ein Fehler unterlief.

Zodiac Killer - Geheimkode 31.7.1969
Teil des Kryptogramms vom 31.7.1969 (Vallejo Times)

Zweiter Brief vom 7. August 1969

Der Mörder ließ sich in der Tat auf dieses Spiel ein. Nur wenige Tage später, am 7. August, traf beim „San Francisco Examiner“ ein zweites Schreiben ein. Es sollte alleine schon wegen seiner Eingangszeile Berühmtheit erlangen: „Lieber Herausgeber, hier spricht der Zodiac“. Dies war das erste Mal, dass der Täter den Namen „Zodiac“ für sich beanspruchte.

Eine ungefähre Übersetzung des Briefs vom 7. August 1969:

Lieber Herausgeber,

hier spricht der Zodiac.

Sie wollten mehr über die schöne Zeit erfahren, die ich in Vallejo verbracht habe. Ich bin höchst erfreut, Ihnen noch mehr Details liefern zu können. Nebenbei gefragt: Hat die Polizei eine ebenso schöne Zeit mit dem Code? Falls nicht, richten Sie ihr aus: Kopf hoch! Wenn sie ihn knacken, haben sie mich.

Zum 4. Juli:
Ich habe die Tür nicht geöffnet. Das Fenster war schon heruntergedreht. Der Junge saß ursprünglich auf dem Vordersitz, als ich losfeuerte. Als ich den ersten Schuss auf seinen Kopf abgab, hat er sich zurückgeworfen. Hat mir den Schuss versaut. Er landete auf der Rückbank, dann auf dem Boden hinter den Sitzen. Da hat er ziemlich mit seinen Beinen herumgestrampelt. Bei der Gelegenheit habe ich ihm ins Knie geschossen. Ich habe den Tatort nicht mit quietschenden Reifen und jaulendem Motor verlassen, wie es in der Vallejo Times geschrieben stand. Ich bin eher langsam gefahren, um keine Aufmerksamkeit zu erregen. Der Mann, der der Polizei sagte, dass mein Auto braun sei, war ein Neger, um die 40-45, eher schäbig gekleidet. Ich stand an dem Fernsprecher und hab mir mit den Bullen von Vallejo ein wenig die Zeit vertrieben. Da ging er vorbei. Als ich aufgelegt hatte, schellte plötzlich dieses verdammte Ding. Dadurch ist er auf mich und meinen Wagen aufmerksam geworden.

Letzte Weihnachten
Die Polizei hat sich da gefragt, wie ich in der Dunkelheit auf meine Opfer schießen und sogar noch treffen konnte. Sie haben es zwar nicht so klar ausgedrückt, aber zwischen den Zeilen angedeutet, dass es in der Nacht ziemlich hell gewesen sei. Man habe sogar noch die Silhouetten der Hügel am Horizont erkennen können. Schwachsinn. In der Gegend befinden sich große Hügel und Bäume. Was ich tatsächlich gemacht habe: Ich habe eine kleine Stifttaschenlampe an dem Lauf meiner Waffe befestigt. Achten sie mal darauf: In der Mitte des Lichtstrahls erscheint ein schwarzer oder dunkler Fleck, etwa 7,5 bis 15 cm groß. Ist die Lampe direkt am Waffenlauf befestigt, wird die Kugel genau im Zentrum des schwarzen Flecks einschlagen. Alles, was ich tun musste, war sie anzuleuchten, so als hielte ich einen Wasserschlauch in der Hand. Die Zielvorrichtung war überhaupt nicht nötig. Ich bin im Übrigen ganz und gar nicht erfreut, dass ich es nicht auf die Titelseite geschafft habe.

Zodiac Killer - Brief 7.8.1969
Brief des Zodiac vom 7. August 1969 Seite 1
Zodiac Killer - Brief 7.8.1969
Brief des Zodiac vom 7. August 1969 Seite 2
Zodiac Killer - Brief 7.8.1969
Brief des Zodiac vom 7. August 1969 Seite 3

Rätsel gelöst

Ganz so clever, wie der Täter sich selbst darstellte, war er dann auch wieder nicht. Es dauerte nur bis zum 8. August 1969, bis ein Lehrer aus Salinas namens Donald Harden zusammen mit seiner Frau Bettye den Code geknackt hatte. Harden war ein begeisterter Amateur-Kryptologe. Der Text verriet allerdings nicht den Namen des Mörders. In diesem Punkt hatte er also – wenig überraschend – gelogen. So begann das Katz-und-Maus-Spiel von Neuem.

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Donald Harden

Ungefähre Übersetzung des Kodes:

Ich liebe es, Menschen zu töten. Weil es so viel Spaß macht. Es bringt viel mehr Spaß als die Jagd auf Tiere. Weil der Mensch die gefährlichste Spezies überhaupt ist. Es ist das erregendste Gefühl, das ich kenne. Es ist sogar besser, als es mit einem Mädchen zu treiben. Das Beste daran ist: Wenn ich sterbe, werde ich im Paradies wiedergeboren. Und alle, die ich getötet habe, werden dort meine Sklaven sein. Ich werde euch nicht meinen Namen verraten, weil ihr versuchen werdet, mich aufzuhalten. Dann könnte ich keine weiteren Sklaven für mein Nachleben sammeln.

Dann folgte noch ein Stück Code, der bis heute nicht entschlüsselt werden konnte – EBEORIETEMETHHPITI.

 

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