Marc Storfer

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Marc Storfer wird noch in der Nacht des 13. Januar 1994 von einem Polizisten vernommen. Wann genau diese Befragung stattgefunden hat, bleibt unklar. Vor Gericht schätzt Storfer, dass der Beamte um 2.20 Uhr an seiner Tür klingelt. Vor der Staatsanwaltschaft sagt er aus, die Begegnung sei um 1.30 Uhr gewesen. Das Gespräch dauert lediglich zwei oder drei Minuten.

Die nächste Zeugenbefragung ergibt sich am 1. Januar 1995. An diesem Tag schildert Storfer seine Beobachtungen der Staatsanwaltschaft. Am 6. März 1995 erscheint Marc Storfer im Strafverfahren als Zeuge der Anklage.

Storfer bei seiner Aussage vor Gericht am 6. März 1995
Storfer bei seiner Aussage vor Gericht am 6. März 1995

Wo hat Marc Storfer seine Beobachtungen gemacht?

Marc Storfer lebt mit seiner Familie 12100 Dorothy Street. Das Haus steht auf der südwestlichen Ecke der Kreuzung Bundy Drive und Dorothy Street. Mehrere Fenster des Hauses gehen zur Dorothy Street hinaus. Von dort kann er einen Teil des South Bundy Drive nördlich der Kreuzung überblicken sowie etwa die ersten 15 Meter der Gasse, die hinter Nicole Browns Haus verläuft.

Von S nach N geblickt: X = Tatort. Aus diesem Bereich nahm Storfer auch das Hundegebell wahr. MS = Haus der Storfers (Zum Vergrößern auf Bild klicken)
Von S nach N geblickt:
X = Tatort. Aus diesem Bereich nahm Storfer auch das Hundegebell wahr.
MS = Haus der Storfers
(Zum Vergrößern auf Bild klicken)

Was hat Marc Storfer beobachtet?

Um 22.00 Uhr liegt Marc Storfer mit seiner Frau und dem kleinen Jungen der Familie im Bett. Der Junge hat in dieser Nacht Probleme mit dem Einschlafen. Als ihm endlich die Augen zufallen, trägt ihn der Vater gegen 22.20 Uhr ins Erdgeschoss, in dem das Kinderzimmer untergebracht ist.

In diesem Moment hört Marc Storfer einen Hund bellen. Er fürchtet, der Junge könne wieder aufwachen, weil das Gebell sehr laut ist und nicht mehr aufzuhören scheint. Doch das Kind schläft weiter und Marc Storfer legt ihn in sein Bett. Danach löscht er das Licht im Erdgeschoss und kehrt zurück ins Elternschlafzimmer im ersten Stockwerk.

Dort schaut er auf die Uhr, die am Fernseher angebracht ist. Sie zeigt 22.28 Uhr. Vor Gericht sagt Storfer aus, dass es eine Angewohnheit von ihm ist, diese Uhr 5 Minuten vorzustellen. Das hat er das letzte Mal im April 1994 getan, als die Familie das Haus in der Dorothy Street bezogen hat. Laut Storfers Berechnung sind es also nun eigentlich 22.23 Uhr.

Wegen des ununterbrochenen Hundegebells wirft Marc Storfer einen Blick zum Fenster hinaus. Zunächst schaut er auf die Dorothy Street, dann auf das Stück vom Bundy Drive, das er einsehen kann. Schließlich geht er noch zu einem anderen Fenster und blickt in die Gasse hinein, die hinter Nicole Browns Haus verläuft. Er kann weder einen Hund noch Personen oder ein Fahrzeug erkennen.

Marc Storfer legt sich schlafen, wird aber immer wieder durch das Bellen geweckt. Er beschreibt, dass der Hund allenfalls eine Pause eingelegt habe, um nach Luft zu schnappen. Das Bellen habe sich dann sofort fortgesetzt. Zwischendurch habe der Hund zudem gewinselt oder gejault. Marc Storfer hat das Gefühl, dass der Hund sich irgendwo in der Nähe des Haupteingangs zu 875 South Bundy Drive aufhalten müsse.

Storfer steht noch drei Mal in dieser Nacht auf, um einen Blick aus dem Fenster zu werfen. Gegen 23.00 Uhr und 23.30 Uhr kann er nichts erkennen. Um 0.15 Uhr fallen ihm drei Polizeifahrzeuge und gelbe Absperrbänder am Bundy Drive und in der Dorothy Street auf. Nun sieht er auch den Hund, den er schließlich als den Akita von Nicole Brown identifiziert. Er ist an einem Pfosten an der nordöstlichen Ecke der Kreuzung von Bundy Drive und Dorothy Street festgebunden. Er bellt immer noch.

Welche Zweifel gibt es an seiner Aussage?

Bei seiner Aussage vor der Staatsanwaltschaft am 1. Januar 1995 macht Storfer keine präzisen Zeitangaben. Irgendwann zwischen 22.20 und 22.30 Uhr habe er den Jungen ins Bett gebracht und das Bellen gehört. Er erwähnt aber weder, dass die Digitaluhr am Fernseher bei seiner Rückkehr ins Schlafzimmer 22.28 Uhr angezeigt habe, noch dass er diese Uhr um fünf Minuten vorgestellt habe. Außerdem gibt er bei dieser Gelegenheit an, dass die Polizeibeamten um 1.30 Uhr an seiner Haustür klingeln. Vor Gericht spricht er von 2.20 Uhr.

Zwei andere Unstimmigkeiten sind aber wesentlich gravierender. Zwischen 23.00 und Mitternacht befindet sich der Akita nicht am Bundy Drive. Marc Storfer kann ihn unmöglich dort gehört haben.

Zum anderen ist seine Beobachtung, die er um 0.15 Uhr gemacht haben will, definitiv falsch. Anwalt Johnnie Cochran lockt Storfer noch weiter aufs Glatteis. Ob er sich denn so sicher mit der Zeit sei, weil er nochmals auf die Uhr am Fernseher geschaut habe, fragt er den Zeugen. Ja, bestätigt dieser. Folglich waren die Polizeifahrzeuge also laut Storfer schon um 0.10 Uhr vor Ort.

Vor der Grand Jury gibt Officer Riske, der erste Polizist am Tatort, an, dass er gegen 0.13 Uhr am Bundy Drive eingetroffen sei. Später korrigiert er seine Aussage auf 0.17 Uhr. Danach unterhält sich Riske zunächst mit den Zeugen Sukru Boztepe und Bettina Rasmussen, bevor er sich vorsichtig zum eigentlichen Tatort bewegt, um keine Spuren zu vernichten. Er überprüft, ob eine der beiden Personen noch lebt. Sein Kollege fordert Verstärkung an, die wenige Minuten später eintrifft. Dann sperren die Beamten erst gemeinsam den Tatort ab.

Die Situation, die Marc Storfer in seiner Zeugenaussage beschreibt, dürfte erst ab 0.25 oder 0.30 Uhr zu sehen gewesen sein. Wenn Storfer sie aufgrund seiner Fernsehuhr bestimmt hatte und sich um 15 oder 20 Minuten irrt, rückt damit folglich auch seine Aussage zum Beginn des Hundegebells in Zweifel.

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