(7) Das Rätsel der letzten Tage

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Trotz intensiver Medienberichterstattung konnte die Polizei nie klären, wo und mit wem Elizabeth Short ihre letzten Tage verbracht hatte. Wohin war sie am Abend des 9. Januar gegangen, als sie das »Biltmore Hotel« verließ? Hatte sie während ihrer Telefonate jemanden erreicht und sich verabredet?

Zahlreiche Zeugen

Es meldeten sich zahlreiche Zeugen, die Elizabeth Short in dieser Nacht und in den Tagen danach noch lebend gesehen haben wollten. Doch keine dieser Aussagen ließ sich verifizieren. Es waren alles Einzelsichtungen an unterschiedlichen Orten in und rund um Los Angeles. Es fanden sich keine zwei Personen, die sie unabhängig voneinander zur gleichen Zeit am gleichen Ort beobachtet hatten.

Die Ermittler spekulierten, ob Elizabeth Short ihrem Mörder bereits am Abend des 9. Januar 1947 in die Hände fiel und deshalb entgegen ihren sonstigen Gewohnheiten komplett von der Bildfläche verschwand. Hatte er die Frau also eingesperrt und womöglich tagelang gefoltert? Dafür sprach, dass man Shorts Koffer später im Busbahnhof fand, ohne dass etwas zu fehlen schien. Die als eitel geltende Frau sollte also mehrere Tage ihre Kleider nicht gewechselt haben? Das war schwer zu glauben.

Ein geheimnisvolles Päckchen

Ihr Gepäck gab den Ermittlern noch in anderer Hinsicht Rätsel auf. Einige Reporter hatten die Koffer als Erste aufgespürt. Sie übergaben das Beweismaterial umgehend an die Polizei. Sie behaupteten, sie hätten den Inhalt nicht angerührt. Einige Tage später traf beim »Los Angeles Examiner« ein Päckchen ohne Absender ein. Der Inhalt war brisant. Neben einem Schreiben enthielt es Shorts Geburtsurkunde, ihre Sozialversicherungskarte, die Todesanzeige von Matt Gordon, zahlreiche Schnappschüsse und ein Adressbuch mit den Namen von rund 75 Männern.

Das Packpapier war mit Benzin behandelt worden – eine bei Kriminellen beliebte Methode, um jegliche Fingerabdrücke abzuwaschen. Im ersten Augenblick deutete alles darauf hin, dass das Paket von Elizabeth Shorts Mörder stammte. Aber die Ermittler konnten nicht ausschließen, dass einer der Reporter die Gegenstände aus ihren Koffern entwendet hatte, bevor man sie der Polizei übergab. Ein anonymes Päckchen vom vermeintlichen Mörder garantierte schließlich eine hohe Auflage.

Das Adressbuch

Die Polizei überprüfte die Namen im Adressbuch und konnten die meisten unbekannten Personen auf den Fotos ermitteln. Sie alle erzählten die gleiche Geschichte. Sie hatten Elizabeth Short abends irgendwo auf dem Hollywood Boulevard oder in einem Nachtklub kennengelernt. Sie hatten sie zu ein paar Drinks oder einer Mahlzeit eingeladen. Als sie dann merkten, dass die Begegnung nicht auf ein anschließendes Schäferstündchen hinauslief, verloren sie rasch das Interesse. Sie sahen Elizabeth Short nie wieder.

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Elizabeth Short und unbekannter Verehrer, der nie identifiziert werden konnte. Schnappschuss eines Passfoto-Automaten.

Dennoch hatte sie ihre Namen notiert. Warum hatte sie das gemacht? Wollte sie die Männer zu einem späteren Zeitpunkt um Geld anpumpen? Wollte sie irgendjemanden mit ihrem prall gefüllten Adressbüchlein imponieren? Die Ermittler waren wieder einmal vom Verhalten des Mordopfers verblüfft.

Schuhe und Handtasche tauchen auf

Am 25. Januar 1947 tauchten noch weitere Gegenstände aus dem Besitz von Elizabeth Short auf. Ein Lokalbesitzer meldete, dass er in seiner Mülltonne ein paar Frauenschuhe und eine Damenhandtasche gesehen hatte. Die Müllabfuhr war schneller als die Polizei. Das Zeug war bereits auf der Mülldeponie gelandet.

Die Beamten schleppten kurzerhand alle Damenschuhe und Handtaschen, die sie auf der Deponie finden konnten, aufs Polizeirevier. Man bestellte Robert Manley ein. Er konnte tatsächlich zwei Schuhe und eine Handtasche identifizieren, die seiner Ansicht nach Elizabeth Short gehörten. Bei den Schuhen war er sich sicher, weil Short sie in San Diego bei einem Schuster hatte neu besohlen lassen. Die Handtasche erkannte er an ihrem Geruch wieder. Das sei das Parfüm, mit dem sich Short geradezu eingenebelt habe.

Ein ungelöster Fall

Die Morduntersuchung endete mit einer Liste von 25 Personen, die als potenziell tatverdächtig galten, ohne dass sich dieser Verdacht jemals erhärten ließ. Nähere Informationen zu diesen »offiziellen Verdächtigen« finden Sie auf der folgenden Seite. Darüber hinaus gibt es weitere Personen, die von Sachbuchautoren als mögliche Mörder von Elizabeth Short ins Spiel gebracht wurden. Mehr dazu werden Sie auf der Seite »Bücher zu Elizabeth Short« nachlesen können.

Formal ist der Fall für die Polizei noch nicht abgeschlossen. Theoretisch ermittelt das LAPD also noch. Die Untersuchung beschränkt sich jedoch darauf, Hinweise zu notieren, die gelegentlich eintrudeln. Meist stammen sie von Hobbydetektiven, die vom Ehrgeiz gepackt sind, den unlösbaren Fall doch noch zu knacken. Bei der Polizei glaubt nach 70 Jahren niemand noch ernsthaft an eine Lösung. Der Mörder ist aller Voraussicht nach längst verstorben und hat sein Geheimnis mit ins Grab genommen.

Ungewollter Ruhm

Elizabeth Short fand ihre letzte Ruhestätte auf dem Mountain View Cemetery in Oakland nahe dem Wohnsitz ihrer Schwester. An der Trauerfeier nahmen damals lediglich sechs Familienmitglieder teil. Der Grabstein aus pinkfarbenem Marmor trägt die schlichte Aufschrift: »Tochter, Elizabeth Short, 29. Juli 1924 – 15. Januar 1947«.

Elizabeth Short - Grabstein
Grabstein von Elizabeth Short

Elizabeth Short hatte davon geträumt, es eines Tages auf die große Kinoleinwand zu schaffen. Ihr Wunsch ging auf perverse Art in Erfüllung. Denn das Publikum war nicht an der wahren Elizabeth Short aus Fleisch und Blut interessiert, sondern nur an der Toten. 60 Jahre nach ihrer Ermordung startete Brian DePalmas Verfilmung von James Ellroys Roman »Die schwarze Dahlie« mit Scarlett Johansson in der Hauptrolle.

 

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1 Kommentar

  1. Scarlett Johansson spielte nicht Elisabeth Short, sondern Mia Kirshner. Johansson spielte die Freundin des Hauptermittlers.

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