(5) Tödliche Folter

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In den folgenden Tagen dachte sich Gary Heidnik eine neue Foltermethode aus, um die Frauen zu »zähmen«. Er schnitt das Stromkabel eines Bügeleisens ab und entfernte am abgeschnittenen Ende die Isolierung. Dann steckte er den Kontakt in die Strombuchse und hielt den blanken Draht an die Metallfesseln der Frauen, mit denen sie angekettet waren. Heidnik bereitete es sichtlich Spaß zu beobachten, wie sich seine Opfer verzweifelt in ihren Ketten windeten, um dem Stromkabel zu entkommen.

Tödlicher Schlag

Am 18. März erhöhte Gary Heidnik die Qualen ein weiteres Mal. Er forderte Josefina Rivera auf, die Grube mit Wasser zu füllen. Dann zwang Heidnik Deborah Dudley, Lisa Thomas und Jacqueline Askins, angekettet in das eiskalte Wasser zu steigen. Anschließend verschloss er die Grubenöffnung mit der Sperrholzplatte und beschwerte sie mit Sandsäcken. Heidnik bohrte mehrere Löcher in die Platte.

Er schob den blanken Draht des Stromkabels durch eine der Öffnungen und berührte kurz eine der Ketten. Alle drei Frauen in der Grube bekamen einen Stromschlag versetzt. Er führte den Draht erneut durch eines der Löcher. Dieses Mal berührte er die Schelle an Deborah Dudleys Handgelenk. Sie stieß einen lauten Schmerzschrei aus und zuckte unkontrolliert umher. Dann kollabierte sie und fiel mit dem Gesicht nach unten ins Wasser.

Jacqueline Askins und Lisa Thomas schrien nun auch. Bis Heidnik kapiert hatte, dass seine Folterexperimente übel geendet waren, war es bereits zu spät. Er hievte den leblosen Körper von Deborah aus der Grube. Sie war tot. Gary Heidnik verschwand schweigend in die Küche und schmierte ein paar Brote. Er überreichte sie den weinenden Frauen mit den Worten: »Warum freut ihr euch nicht, dass ihr noch am Leben seid? Euch hat‘s doch schließlich nicht erwischt.«

Das Geständnis

Heidnik hatte Stift und Papier mitgebracht. Er drückte beides Josefina Rivera in die Hand. Er forderte sie auf, oben auf dem Blatt Datum und Uhrzeit zu notieren. Dann diktierte er ihr einen Text, der einem Geständnis gleichkam. Sie habe ihm dabei geholfen, Deborah Dudley mit einem Stromschlag zu töten – unterzeichnet von Josefina Rivera, beglaubigt von Gary Heidnik.

Mit dem unterschriebenen Geständnis in Händen drohte er Josefina, dieses Dokument hervorzuziehen, sollte sie ihn jemals bei der Polizei verpfeifen. Dann befreite er Josefina Rivera von ihren Fesseln und schickte sie nach oben. Sie solle sich ankleiden. Das war das erste Mal seit vier Monaten, dass sie wieder vollständig angezogen war. Heidnik war der Meinung, dass ihm Josefina nun endgültig ausgeliefert war. Deborahs Leichnam schaffte er in die Küche und verstaute ihn dort in der Tiefkühltruhe.

Ständige Begleiterin

Nach Deborah Dudleys Tod wurde Josefina Rivera zur beständigen Begleiterin von Heidnik. Er nahm sie mit, wenn er einkaufen ging oder ein Restaurant besuchte. Ihr wurde die zweifelhafte Ehre zuteil, mit ihm nachts das Bett teilen zu dürfen. Josefina Rivera hatte Heidnik durchschaut. Der Mann war zutiefst einsam. Deshalb wollte er all diese Babys. Nun glaubte er, endlich eine Partnerin gefunden haben, der er vertrauen konnte.

Aber Josefina hatte andere Pläne. Sie lauerte auf eine günstige Gelegenheit, bei der sie ihm entkommen konnte. Dieses Mal wollte sie nicht auf halbem Weg im Kellerfenster stecken bleiben. Der nächste Fluchtversuch musste klappen. Sonst würde auch sie sterben. Heidnik würde ihr diesen Verrat niemals durchgehen lassen. Josefina Rivera war sich des Risikos also bewusst.

Heidniks Verhalten nach Deborahs Tod veränderte sich auch gegenüber den übrigen Frauen. Er schränkte seine Brutalität zunehmend ein. Er beschaffte mehrere Matratzen, Decken, Kissen und einen Fernseher, den er in den Keller stellte.

Am 21. März nahm er Josefina zu einem Ausflug nach New Jersey mit. Der Highway führte mitten durch die Pine Barrens, ein weitläufiges Waldgebiet. Heidnik äußerte, dass dies eine gute Stelle sei, um die Leiche von Deborah Dudley verschwinden zu lassen. In der folgenden Nacht, am 22. März, luden Heidnik und Josefina den gefrorenen Leichnam in einen Dodge-Lieferwagen, eines seiner anderen Fahrzeuge. Sie fuhren zu den Pine Barrens hinaus. Heidnik bog vom Highway in einen Waldweg ab. Während Josefina Rivera im Wagen wartete, schaffte Gary Heidnik den Leichnam zu einer Baumgruppe und legte ihn dort ab.

Agnes Adams

Am nächsten Tag eröffnete Heidnik Josefina, dass er einen Ersatz für Deborah finden müsse. Er schlug vor, dass sie beide gemeinsam in der Gegend umherfahren sollten, bis sie auf ein geeignetes Opfer stoßen würden. Gary Heidnik fand in der Nacht eine Frau, die seinem Geschmack entsprach: Agnes Adams. Mit Josefina an seiner Seite hatte er leichtes Spiel, Agnes zu einem Abstecher in sein Haus zu überreden. Agnes Adams widerfuhr, was Heidnik zuvor allen »seinen« Frauen angetan hatte. Er vergewaltigte sie, nahm ihr die Kleider ab und sperrte sie im Keller ein. Sie sollte jedoch sein letztes Opfer bleiben.

Josefina Rivera hatte Heidnik seit Tagen angebettelt, ihre Familie wenigstens für ein paar Stunden besuchen zu dürfen. Das sei schließlich auch in seinem Interesse. Sie würden bestimmt nach ihr suchen und sie könne ihnen nun plausibel erklären, dass es ihr gut ginge und sie ein neues Leben angefangen habe. Heidnik willigte unter einer Bedingung ein. Josefina musste ihm ein weiteres Opfer von ihrem Ausflug in die Freiheit mitbringen. Am 24. März 1987 setzte er Josefina Rivera in der Nähe ihrer Wohnung ab. Zwei Stunden später war er verhaftet.

Eine Frage war aber noch ungeklärt: Wie war aus Gary Heidnik dieser sadistische Kontrollfreak und Mörder geworden, als der er sich in den zurückliegenden Monaten entpuppt hatte?

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