(8) Ein ausgeprägter Kinderwunsch

0

Bevor Gary Heidnik 1978 in den Knast wanderte, hatte er mehrere längere Beziehungen zu Frauen unterhalten. Allerdings war Heidnik nicht gerade ein Befürworter der Gleichberechtigung. Dass zwei seiner Partnerinnen geistig behindert waren, spricht eine deutliche Sprache. Heidnik war versessen darauf, die Kontrolle in einer Partnerschaft innezuhaben. Man kann es auch andersherum formulieren: An Frauen, die ihm ebenbürtig waren, traute er sich nicht heran. Von Anfang an hegte Heidnik einen ausgeprägten Kinderwunsch. Seine erste Partnerin brachte ein Mädchen zur Welt, aber verließ ihn kurz nach der Geburt und nahm das Baby mit. Möglicherweise speiste sich aus diesem Erlebnis seine Besessenheit im Hinblick auf Kinder.

Dorothy Knight und Jeanette Perkins

Heidniks zweite Frau hieß Dorothy Mae Knight und war geistig schwer behindert. Heidnik schlug sie häufig, schloss sie ein und weigerte sich zeitweise, ihr etwas zu essen zu geben. Dorothy Knight konnte schließlich fliehen. Bekannte sahen sie Jahre später. Sie lebte inzwischen auf der Straße und befand sich in sehr schlechtem Zustand.

Die nächste Frau von Heidnik war Jeanette Perkins. Die Schwester des Mädchens, das Heidnik 1978 vergewaltigt hatte. Sobald man Heidnik 1983 entlassen hatte, war Jeanette Perkins verschwunden. Die Polizei stellte Ermittlungen an, ohne ihren Verbleib klären zu können. Heidnik stand im Verdacht, etwas mit ihrem Verschwinden zu tun zu haben. Dafür ließen sich allerdings keinerlei Beweise finden.

Betty Disto

Gary Heidnik begab sich auf die Suche nach einer neuen Partnerin. Dieses Mal schaltete er ein Heiratsvermittlungsinstitut ein. Der Grund war simpel. Heidnik wünschte sich eine Jungfrau zur Gemahlin. Sie sollte idealerweise aus dem Orient oder Asien stammen. Nur wenige Wochen später nahm er Briefkontakt zu einer jungen philippinischen Frau namens Betty Disto auf. Die Brieffreundschaft währte zwei Jahre. Ab und an telefonierten die beiden auch. Schließlich bat Heidnik Betty Disto, seine Frau zu werden. Betty akzeptierte seinen Antrag und reiste im September 1985 nach Philadelphia.

Heidnik holte Betty vom Flughafen ab. Er brachte sie anschließend in sein Haus in der Marshall Street. Dann zeigte er ihr das Gästezimmer. Dort erwartete Betty Disto der erste Schock. In ihrem Bett schlief eine andere Frau. Heidnik redete seiner Frau in spe ein, die Fremde sei eine Untermieterin von ihm. Betty Disto gab sich augenscheinlich mit der Erklärung zufrieden. Denn am 3. Oktober 1985 gab sie Gary Heidnik im Bundesstaat Maryland das Jawort.

Der American Way of Life

Die erste Woche der Ehe verlief gut. Heidnik behandelte Betty anständig und sprach mit ihr darüber, eine Familie zu gründen. Die darauffolgende Woche kehrte Betty Heidnik von einer Shoppingtour zurück und erwischte Heidnik in flagranti im Bett mit drei nackten Frauen. Die Frischvermählte reagierte schockiert und verlangte von Heidnik, dass er ihr ein Flugticket bezahle. Sie wolle auf der Stelle zu ihren Eltern auf den Philippinen zurückkehren. Heidnik antwortete ihr lakonisch, sie solle sich nicht so anstellen. Das sei der in aller Welt berühmte »American Way of Life«. Er sei der Boss in einer Beziehung. Da sei es völlig normal, dass er mehrere Bettgespielinnen habe.

Von diesem Zeitpunkt an erlebte Betty ihren Mann nur noch in Begleitung weiterer Frauen. Heidnik zwang Betty häufiger, ihm beim Sex mit einer anderen Partnerin zuzuschauen. Wenn sie sich darüber beschwerte, schlug er sie und befahl ihr, für ihn und seine Geliebte zu kochen. Gab sie weiterhin keine Ruhe, vergewaltigte er sie. Mit jedem Tag wurde er aggressiver und gewalttätiger. Er warnte Betty wiederholt davor, ihn zu verlassen. Er würde sie finden und dann umbringen.

1986 hatte Betty Heidnik heimlich Mitglieder der philippinischen Gemeinde in Philadelphia ausfindig gemacht und kontaktiert. Außer Heidnik und seinen Freundinnen kannte sie ja niemanden. Ihre Landsleute überzeugten sie, dass sie Heidnik schleunigst verlassen musste. Vier Tage später log sie Heidnik vor, sie wolle Einkäufe erledigen. Sie nutzte die Gelegenheit zur Flucht.

Unfassbares Glück

Zwei Wochen später verhaftete die Polizei Gary Heidnik wegen häuslicher Gewalt, Körperverletzung, sexueller Nötigung und Vergewaltigung in der Ehe. Der Beschuldigte hatte unfassbares Glück. Nur einen Tag vor seiner Festnahme war die Bewährung für seine Verurteilung aus dem Jahre 1978 abgelaufen. Heidniks Glückssträhne hielt vor Gericht an. Betty erschien nicht zur Anhörung. Damit fehlte die einzige Zeugin in dem Fall und die Klage war hinfällig.

1987 reichte Betty Disto jedoch Zivilklage ein, also zu einem Zeitpunkt, während Heidnik bereits seine Gefangenen im Keller folterte. Der Grund für das Verfahren dürfte Heidnik verblüfft und betroffen gemacht haben. Denn Betty war ohne sein Wissen von ihm schwanger geworden. Im Prozessverlauf fiel dem Richter auf, dass Heidnik lange Zeit in psychiatrischer Behandlung gewesen war. Er entschied, dass der Beschuldigte zunächst von Fachärzten untersucht werden sollte. Am Ende war der Mann ja gar nicht Herr seiner Sinne und damit juristisch gesehen nicht geschäftsfähig.

weiter zu —> (9) Der Prozess gegen Gary Heidnik

Kommentieren Sie den Artikel

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein