(16) Der Kult um Charles Manson

0

Die Todesurteile gegen Charles Manson und seine Mitangeklagten wurden nie vollstreckt. Im Februar 1972 erklärte der Oberste Gerichtshof von Kalifornien die Todesstrafe für verfassungswidrig. Man wandelte das Strafmaß für die Mitglieder der Manson Family nachträglich in lebenslange Freiheitsstrafen um. Bis heute sitzen die meisten von ihnen noch in Haft oder sind dort bereits verstorben. Lediglich Steve Grogan, den man im Mordfall Donald Shea als Mittäter verurteilt hatte, kam 1985 auf Bewährung heraus.

Charles Manson angeblich einer der reichsten Gefängnisinsassen

Obwohl die Ereignisse inzwischen mehr als 45 Jahre zurückliegen, sind Charles Manson und die Family dennoch nie in Vergessenheit geraten. Im Gegenteil. Wenn man Debra Tate, der Schwester des Mordopfers Sharon Tate, Glauben schenken will, handelt es sich bei Charles Manson mittlerweile um einen der reichsten Gefängnisinsassen der USA. Er verdient tagtäglich Geld mit Autogrammen und einer Reihe von Merchandising-Artikeln wie zum Beispiel bedruckten T-Shirts.

Der Hype um seine Person war bereits zum Zeitpunkt seiner Verhaftung gegeben. Rund um den Prozess erschienen einige Artikel, die Charles Manson in einem eher positiven Licht erscheinen ließen. Eine Weile lang konnte man das Gefühl bekommen, als würde Charles Manson zu einer Art Märtyrer der damaligen Popkultur werden.

Davon blieb zwar wenig übrig. Doch Manson ist bis heute derjenige Strafgefangene geblieben, der die meiste Post erhält. In der Regel handelt es sich dabei um Briefe von Fans, meist jungen Leuten, die um Aufnahme in seine (nicht mehr existente) Family bitten.

Charles Manson 2011
Charles Manson 2011

Die Hochzeit von Charles Manson und Afton »Star« Burton

Die letzte Kapriole hinsichtlich des Kults um Manson wurde im vergangenen Winter bekannt. Am 17. November 2014 erfuhr die Öffentlichkeit, dass sich Charles Manson mit der 26-jährigen Afton Burton verlobt hatte. Burton, die sich selber »Star« nennt, betreibt seit etwa zehn Jahren mehrere Webseiten, auf denen sie Mansons Unschuld zu beweisen versucht. Doch der anberaumte Vermählungstermin verstrich am 5. Februar 2015, ohne dass das Paar getraut wurde.

Der Journalist Daniel Simone, der momentan an einem Buch über Charles Manson arbeitet, behauptete später, dass es für die Absage der Hochzeit handfeste Gründe gegeben habe. Denn es sei herausgekommen, dass Burton Manson nur deshalb habe heiraten wollen, um nach seinem Tod die Leiche beanspruchen zu dürfen. Zusammen mit ihrem Freund Craig Hammond habe sie geplant, den Leichnam zu präparieren und öffentlich auszustellen. Angeblich habe sich das Paar davon ein lukratives Einkommen versprochen.

Afton Burton stellte die Angelegenheit etwas anders dar. Auf ihrer Webseite behauptete sie, Charles Manson sei an einer Virusinfektion erkrankt und deshalb unter Quarantäne gestellt worden. Sie hoffe aber, die Heirat mit Charles Manson zu einem späteren Zeitpunkt nachholen zu können.

Lang anhaltende Medienpräsenz

Zu dem anhaltenden Kult um Charles Manson haben auch zahlreiche Bücher, Interviews, Filme und Dokumentationen beigetragen, die das Interesse wachhielten. Neben mehreren Theaterstücken diente Mansons Geschichte sogar als Vorlage für eine Oper. Auch seine Musikstücke wurden zwischenzeitlich veröffentlicht. Am bekanntesten ist wohl eine Platte von Guns N’Roses, die Songs von Manson eingespielt haben.

Die Medien haben Manson jede Menge Gelegenheit zu Selbstdarstellung gegeben und er hat das Angebot dankend angenommen. Er inszeniert sich in der Öffentlichkeit nach wie vor als gemeingefährlicher Teufel, der jederzeit Tod und Verderben über die Welt bringen könne, wenn er nur wollte.

Worin sich die Tate- und LaBianca-Morde von anderen Verbrechen unterscheiden

Für Staatsanwalt Vincent Bugliosi liegt darin auch begründet, warum die Tate- und LaBianca-Morde aus dem Jahre 1969 nach wie vor auf so großes öffentliches Interesse stoßen. Weniger die Verbrechen an sich, sondern die Tatumstände bereiteten den Menschen eine Heidenangst. Sie trafen einen empfindlichen Nerv.

Vincent Bugliosi: »Einige Leute sind der Meinung, dass es an der Brutalität der Verbrechen liege, dass immer noch ein breites Interesse an der Person Charles Manson besteht. Aber so traurig es auch sein mag: Es gab in den USA weitaus brutalere Verbrechen. Die Tate- und LaBianca-Morde waren hingegen grotesk und abstrus, die Motive der Täter völlig abwegig. Doch gerade deshalb stachen die Morde hervor.«

»Botschaften aus Beatles-Songs, die mit dem Blut der Opfer an die Wand geschmiert wurden. Bibel-Zitate aus der Offenbarung des Johannes, die von einer bevorstehenden Apokalypse kündeten. Und harmlose Kinder aus Mittelschichtsfamilien, die sich auf Geheiß eines Gurus plötzlich in blutrünstige Mordbestien verwandeln.«

»Charles Manson unterscheidet sich mit Sicherheit deutlich von anderen Serien- oder Massenmördern. Er machte sich selber nicht die Hände schmutzig, sondern ließ andere seine Fantasien ausführen. Bei selbst ernannten Gurus mit hoher krimineller Energie treffen wir meistens ein anderes Verhaltensmuster an. Am Ende treiben sie ihre Anhänger in den Massensuizid, um ihre Macht zu beweisen. Manson brachte hingegen seine Treuergebenen dazu, Massenmorde zu begehen. Deshalb erinnern wir uns an ihn. Das Ergebnis: Der Name Charles Manson ist zum Inbegriff des Bösen auf dieser Welt geworden.«

Hohepriester des Anti-Establishments

Die Medienberichterstattung führte dazu, dass Charles Manson gnadenlos überhöht wurde. Der kleine Mann, der den Großteil seines Lebens in Gefängnissen und Erziehungsheimen verbracht hatte, stieg in den Rang einer Naturgewalt oder einer tödlichen Krankheit auf, vor der es keinerlei Entrinnen gab. Manson wurde damit zu einer Art Hohepriester für alle Gruppierungen, die einen abgrundtiefen Hass gegenüber dem Establishment und seinen Regeln empfanden. Mehr Outlaw wie Charles Manson ging irgendwie nicht.

Charles Manson 2014
Charles Manson 2014

Am 19. November 2017 verstarb Charles Manson an den Folgen einer Darmkrebserkrankung. Er wurde 83 Jahre alt.

 * * * * *

 

weiter zu —> Bücher zu Charles Manson

 

 

Kommentieren Sie den Artikel

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein