(8) Colorado 1975

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Im Januar 1975 verlegte Ted Bundy seine kriminellen Aktivitäten in den Nachbarstaat Colorado, blieb aber weiterhin in Salt Lake City wohnen. Caryn Campbell, ihr Verlobter Dr. Raymond Gadowski und seine beiden Kinder aus einer ersten Ehe hatten in Snowmass Village, 640 Kilometer südöstlich von Salt Lake City, einen Winterurlaub gebucht. Das Paar hatte ein stressiges Jahr hinter sich und sehnte sich nach etwas Entspannung. Die Kinder freuten sich darauf, endlich mal etwas mehr von ihrem Vater zu haben.

Ted Bundy - Caryn Campbell
Caryn Campbell

Am Abend des 12. Januar 1975 saßen die vier Urlauber in der Lobby ihres Hotels »Wildwood Inn« und vertrieben sich die Zeit bis zum Essen. Caryn Campbell verschwand kurz, um sich eine Illustrierte zu holen, die sie auf ihrem Zimmer vergessen hatte. Sie kehrte nicht zurück. Gadowski nahm zunächst an, dass Caryn Campbell sich etwas hingelegt hatte. Tagsüber hatte sie verschnupft geklungen und über Kopfschmerzen geklagt. Vielleicht hatte sie sich erkältet. Gadowski schaute im Zimmer nach. Dort war Caryn Campbell nicht. Die Illustrierte lag noch immer an ihrem Platz. Gadowski wusste nicht, was er davon halten sollte.

Fund von Caryn Campbells Leiche

Erst am nächsten Vormittag, als Caryn Campbell immer noch spurlos verschwunden war, wandte er sich an die örtliche Polizei. Man durchsuchte daraufhin das gesamte Hotel. Die Beamten fanden keinerlei Hinweise, was mit Caryn Campbell geschehen war. Einen Monat später entdeckte ein Arbeiter den nackten Leichnam von Caryn Campbell neben einem Feldweg. Der Fundort lag nur wenige Kilometer vom Hotel entfernt.

Ted Bundy - Caryn Campbell - Wildwood Inn
Hotelgang des „Wildwood Inn“ in Snowmass Village, Colorado. An dieser Stelle entführte Ted Bundy Caryn Campbell am Abend des 12. Januar 1975. Quelle: Vidor, en.wikipedia.org

Die Leiche war bereits durch Wildfraß erheblich beschädigt, weshalb der Gerichtsmediziner die Todesursache nicht eindeutig benennen konnte. Aber für ihn war klar ersichtlich, dass Cary Campbell mehrere Schädelfrakturen erlitten hatte, die vermutlich tödlich gewesen waren. Der Täter hatte eine stumpfe Waffe benutzt, die markante Rillen auf dem linken Teil des Schädelknochens hinterlassen hatte. Zudem bemerkte der Pathologe tiefe Schnittwunden an mehreren Stellen des Körpers. Er stellte fest, dass der Mörder Caryn Campbell bereits wenige Stunden nach ihrem Verschwinden getötet hatte. Vermutlich hatte er sie auch vergewaltigt.

Julie Cunningham

160 Kilometer nordöstlich von Snowmass Village verschwand am 15. März 1975 die Skilehrerin Julie Cunningham, 26, aus dem bekannten Skiort Vail. Die junge Frau war mit ihrem Freund zum Abendessen verabredet gewesen. Ted Bundy gestand später gegenüber Kriminalbeamten aus Colorado, dass er sich Julie Cunningham auf Krücken genähert hatte. Er habe sie gebeten, ihm seine Skistiefel zum Auto tragen. Dort angekommen habe er sie niedergeschlagen und mit Handschellen gefesselt. Vergewaltigt und erwürgt habe er Julie Cunningham dann in der Nähe von Rifle, Colorado, etwa 140 Kilometer westlich von Vail. Einige Wochen später sei er nochmals zum Leichenversteck zurückgekehrt und habe dafür auch eine sechsstündige Anreise von Salt Lake City aus in Kauf genommen.

Ted Bundy - Julie Cunningham
Julie Cunningham

Denise Oliverson

Am 6. April 1975 fuhr die 25-jährige Denise Oliverson mit dem Fahrrad zum Haus ihrer Eltern in Grand Junction, einer Stadt an der Grenze von Utah und Colorado. Auf dem Weg dorthin fiel sie Ted Bundy in die Hände. Man fand ihr Fahrrad und ihre Sandalen in der Unterführung einer Eisenbahnbrücke.

Ted Bundy - Denise Oliverson
Denise Oliverson

Lynette Culver

Einen Monat später, am 6. Mai, lockte Ted Bundy die 12-jährige Lynette Culver während der Mittagspause vom Schulhof der Alameda Junior High School in Pocatello, Idaho, in seinen VW-Käfer. Pocatello lag etwa 250 Kilometer nördlich von Salt Lake City. Bundy verschleppte das Mädchen in das „Holiday Inn“, wo er ein Zimmer angemietet hatte. Dort ertränkte er Lynette Culver in der Badewanne und verging sich anschließend an der Leiche. Ihren Leichnam warf er in einen Fluss nördlich von Pocatello, wahrscheinlich in den Snake River.

Ted Bundy - Lynette Culver
Lynette Culver

Fund weiterer Leichen am Taylor Mountain

Etwa zur gleichen Zeit entdeckte man in Washington die Leiche von Brenda Ball nur 15 Kilometer entfernt von der Stelle, an der man die sterblichen Überreste von Janice Ott und Denise Naslund geborgen hatte. Brenda Ball war im Juni 1974 in Burien verschwunden, als sie die »Flame Taverne« verlassen hatte. Brenda Ball war wie Ott und Naslund durch stumpfe Schläge auf den Kopf zu Tode gekommen.

Nach dem Fund von Brenda Balls Leiche durchkämmte die Polizei großflächig das Areal am Taylor Mountain. Die Beamten befürchteten, dass der Täter dort weitere Opfer versteckt hatte. Die Befürchtungen sollten sich bewahrheiten. Wenige Tage später stieß man auf den Leichnam von Susan Rancourt, die ebenfalls seit dem vorangegangenen Sommer vermisst wurde. Kurze Zeit darauf entdeckte man zwei weitere Frauenleichen: Lynda Healy und eine Frau, die man nicht identifizieren konnte. Alle Opfer wiesen schwere Kopfverletzungen auf. Der zuständige Gerichtsmediziner und die Ermittler vermuteten inzwischen, dass es sich bei der Tatwaffe um ein Brecheisen handeln könne.

Ted Bundy schmiedet Heiratspläne

Ted Bundy reiste Anfang Juni erneut für eine Woche nach Seattle, um Elizabeth Kloepfer zu besuchen. Das Paar schmiedete Pläne, an Weihnachten zu heiraten. Bundys Lebensgefährtin erwähnte bei dieser Gelegenheit mit keinem Wort, dass sie sich in der Vergangenheit an die Polizei des King County und von Salt Lake City gewandt hatte. Andererseits hatte auch Ted Bundy seine Geheimnisse, wie etwa ein Verhältnis mit seiner Ex-Kollegin Carole Ann Boone und einer Jurastudentin in Utah. Ganz zu schweigen von den 17 Morden, die er bis dahin mindestens begangen hatte.

Susan Curtis

Nachdem Bundy nach Salt Lake City zurückgekehrt war, setzte sich die Mordserie fort. Am 28. Juni verschwand Susan Curtis vom Campus der Brigham Young Universität in Provo, 70 Kilometer südlich von Salt Lake City. Der Mord an Susan Curtis sollte später das letzte Geständnis werden, das Ted Bundy Minuten vor seiner Hinrichtung ablegte. Die Leichname von Nancy Wilcox, Debra Kent, Julie Cunningham, Lynette Culver, Denise Oliverson und Susan Curtis wurden allerdings nie gefunden.

Ted Bundy - Susan Curtis
Susan Curtis

Die Erfindung der Rasterfahndung

Im US-Bundesstaat Washington standen die Ermittler im Sommer 1975 immer noch vor einem Rätsel. Im Jahr zuvor hatte ein Mörder acht junge Frauen getötet und dann die Mordserie abrupt beendet. Inzwischen hatten die Beamten aufgrund der Leichenfunde unzählige Spuren gesichert und noch mehr Hinweise gesammelt, ohne einen blassen Schimmer zu haben, ob sich der Name des Täters bereits in den Ermittlungsakten befand. Die Aufgabe glich der sprichwörtlichen Suche nach der Nadel im Heuhaufen.

Um der schieren Masse an Informationen Herr zu werden, tüftelte die Sonderkommission einen Plan aus, der Kriminalgeschichte schreiben sollte. Es war die Geburtsstunde der Rasterfahndung. Die Ermittler fütterten einen Computer mit den Namen von diversen Listen, die man in den vergangenen Monaten zusammengetragen hatte: Klassenkameraden und Bekannte der Opfer; Eigentümer eines VW-Käfers, die mit Vornamen Ted hießen; registrierte Sexualstraftäter. Man griff dazu auf den Computer zurück, der für das King County die Lohnbuchhaltung regelte. Aus heutiger Sicht eine primitive Maschine, aber damals der einzige Rechner in Behördeneigentum, der zu solch komplexen Datenabgleichen in der Lage war.

So reduzierten sich die Tausenden von Namen auf überschaubare 26 Personen, die gleichzeitig auf vier separaten Listen aufgetaucht waren. Darunter befand sich auch Ted Bundy. Zusätzlich hatten die Kriminalbeamten auch eine handschriftliche Liste mit ihren 100 vielversprechendsten Verdächtigen zusammengetragen, in der Bundy ebenfalls geführt war. Die Sonderkommission des King County stand also im August 1975 kurz davor, den wahren Mörder dingfest zu machen. Doch letztlich blieb ihre Arbeit für die Katz. Denn ihre Kollegen aus Utah kamen ihnen wenige Tage zuvor.

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