(9) Verhaftung von Ted Bundy

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Am 16. August 1975 machte der Streifenpolizist Bob Hayward im Salt Lake County Jagd auf Verkehrssünder. Dem Beamten der Utah Highway Patrol fiel am Abend ein VW-Käfer auf, der ohne Licht fuhr. Zudem hatte er den Wagen noch nie in der Gegend gesehen. Bob Hayward kannte praktisch alle Einwohner des County persönlich. Hayward nahm die Verfolgung auf.

Als er zum Käfer aufgeschlossen hatte, blendete er die Scheinwerfer auf, um das Nummernschild lesen zu können. Der Fahrer vor ihm beschleunigte umgehend seinen Wagen. Die ungleiche Verfolgungsjagd zwischen VW-Käfer und hochfrisiertem Polizeifahrzeug war schnell beendet. Bob Hayward stellte den Flüchtigen, nachdem dieser noch zwei Stoppschilder überfahren hatte. Das würde teuer werden, Freundchen, dachte sich der Streifenbeamte.

Verräterische Fundstücke

Bob Hayward forderte den Fahrer auf, auszusteigen und den Führer- und Fahrzeugschein vorzuzeigen. »Theodore Robert Bundy« las der Polizist auf dem Führerschein, der in Washington ausgestellt worden war. Was hatte der Bursche hier zu suchen? Hayward hatte Glück, dass in diesem Moment eine weitere Streifenwagenbesatzung den Highway entlangfuhr und anhielt. Wäre er noch länger alleine mit Bundy geblieben, hätte die Sache tödlich für ihn ausgehen können.

So konnte er das Fahrzeug genauer unter die Lupe nehmen, während seine Kollegen dessen Fahrer in Schach hielten. Hayward leuchtete mit der Taschenlampe ins Wageninnere. Der Beifahrersitz fehlte. Auf der Rückbank lagen einige interessante Gegenstände herum. Eine Skimütze. Ein Seil. Draht. Handschellen. Ein Eispickel. Und eine Brechstange. Das waren die typischen Werkzeuge eines Einbrechers. Bundy behauptete, die Skimaske benutze er zum Skifahren. Die Handschellen habe er in einem Müllcontainer gefunden. Und der Rest seien gewöhnliche Haushaltsgegenstände. Die Beamten glaubten ihm kein Wort und nahmen Ted Bundy fest.

Ted Bundy Mordwerkzeuge
Fundstücke, die die Polizei am 16. August 1975 in Ted Bundys VW-Käfer fand

Detective Jerry Thompson wird misstrauisch

Zurück auf der Wache vernahm Detective Jerry Thompson den verdächtigen Fahrer. Als Thompson die vermeintlichen Einbruchswerkzeuge musterte, erinnerte er sich an den Fall Carol DaRonch aus dem November 1974. Bundy fuhr wie der unbekannte Angreifer einen VW-Käfer. Carol DaRonch hatte ein Brecheisen und Handschellen beschrieben, die sich im Besitz ihres Peinigers befunden hatten. Die Handschellen, die man nun in Bundys Wagen sichergestellt hatte, waren vom selben Hersteller und der gleichen Marke. Außerdem stutzte Thompson, als er den Namen des Mannes erfuhr: Theodore Robert Bundy. Hatte ihn nicht im Dezember 1974 eine Frau angerufen, die einen Mann mit diesem Namen als möglichen Täter in der Serie ungeklärter Vermisstenfälle bezichtigt hatte? War Theodore Robert Bundy also in Wahrheit ein Serienmörder?

Ted Bundy stritt zwar bei der Befragung alle diesbezüglichen Vorwürfe ab, doch Thompson war misstrauisch geworden und erwirkte einen Durchsuchungsbeschluss für seine Wohnung. Dort fanden die Beamten einen Reiseführer für die Skigebiete von Colorado. Hinter der Beschreibung des »Wildwood Inn« in Snowmass Village stand ein Häkchen. Außerdem hatte Bundy eine Broschüre aufbewahrt, in der eine Werbeanzeige für das Theaterstück an der Viewmont Highschool in Bountiful abgedruckt war. Das waren zweifellos interessante Indizien, aber sie reichten nicht aus, um den Mann in Haft zu behalten.

Ted Bundy unterschrieb ein Schuldanerkenntnis wegen der Verkehrsvergehen, die man ihm vorwarf, und durfte gehen. Später erzählte er, dass er zum damaligen Zeitpunkt noch Polaroidfotos von seinen Opfern in der Waschküche versteckt hatte. Die Beamten hatten seine Wohnung nicht gründlich genug untersucht. Er konnte die belastenden Bilder vernichten, nachdem er nach Hause zurückgekehrt war.

Ted Bundy 1975
Erkennungsdienstliches Foto von Ted Bundy, das bei seiner Festnahme am 16. August 1975 entstand

Elizabeth Kloepfer berichtet interessante Details

Die Kriminalbeamten hatten jedoch Verdacht geschöpft und observierten Ted Bundy rund um die Uhr. Jerry Thompson flog darüber hinaus nach Seattle, um Elizabeth Kloepfer nochmals persönlich zu befragen. Die Befragung fand am 16. September 1975 im Hauptquartier der King County Police in Seattle statt. Elizabeth Kloepfer war sichtlich nervös und angespannt. Doch sie war zu einer Aussage bereit. Sie erzählte Jerry Thompson, dass sie im Vorjahr auf einige Dinge in ihrer Wohnung gestoßen war, für deren Vorhandensein ihr keine plausiblen Gründe in den Sinn kommen wollten:

  • ein Paar Krücken;
  • eine Tüte mit Gips, die Bundy angeblich aus einem Sanitätshaus hatte mitgehen lassen;
  • ein Fleischerbeil, das er nie zum Kochen benutzt hatte, aber mit nach Utah genommen hatte;
  • OP-Handschuhe;
  • ein Krummdolch, den er in seinem Handschuhfach aufbewahrte;
  • und einen Sack voller Frauenkleider.

Im Kofferraum ihres Autos hatte Ted Bundy zudem einen Kreuzschlüssel deponiert, den er am Griff mit Klebeband versehen hatte. Elizabeth Kloepfer fuhr ebenfalls einen VW-Käfer, den Bundy häufiger ausgeliehen hatte. Er behauptete, mit dem Kreuzschlüssel wolle er sich gegen Überfälle schützen.

Ted Bundy steht auf lange Haare und Fesselspiele

Ted Bundy hatte ständig bei allen möglichen Leuten Schulden. Elizabeth Kloepfer hatte ihn schon geraume Zeit in Verdacht, dass er alles in seinem Besitz, das einen gewissen Wert darstellte, irgendwo gestohlen hatte. Einmal hatte sie ihn deshalb zur Rede gestellt. Da hatte er einen nagelneuen Fernseher und eine hochwertige Stereoanlage angeschleppt. Er warnte sie unmissverständlich. Sollte sie irgendjemandem davon erzählen, würde er ihr »den Hals umdrehen«, wie er sich wörtlich ausdrückte.

Laut Elizabeth Kloepfer reagierte Ted Bundy auch jedes Mal sehr aufgebracht, wenn sie sich die Haare kürzer schneiden lassen wollte. Kloepfer trug langes Haar, das in der Mitte gescheitelt war. Einige Male war sie nachts aufgewacht und hatte Bundy mit einer Taschenlampe unter der Bettdecke überrascht. Er hatte augenscheinlich ihren Körper eingehend betrachtet. Bundys Interesse, mit ihr zu schlafen, habe in den letzten Jahren kontinuierlich nachgelassen. Wenn er dann mal Lust gezeigt habe, sei der sexuelle Kontakt rasch ins Extreme abgekippt.

Ted Bundy habe zum Beispiel Fesselspiele von ihr verlangt. Am Anfang habe sie sich noch darauf eingelassen, obwohl sie keinen Spaß daran gehabt habe. Doch als es ihm schließlich nur noch darum gegangen sei, habe sie sich irgendwann geweigert. Sie habe ihm rundheraus gesagt, dass sie nicht mehr bei seinen Sexfantasien mitmachen wolle. Das habe ihn fürchterlich in Rage gebracht.

Jerry Thompson befragte Elizabeth Kloepfer auch nach den Alibis von Ted Bundy für die Zeitpunkte, als in Washington die jungen Frauen verschwunden waren. Sie wusste schlicht nicht, ob er zu Hause gewesen war oder nicht. Oft schlief er tagsüber und verließ die Wohnung, sobald es dunkel war. Wohin er ging, sagte er ihr nicht. Er machte sich noch nicht einmal die Mühe, Ausreden zu erfinden. Sie konnte sich aber erinnern, dass Ted Bundy im Juli 1974 einige Tage in den Lake Sammamish Park gefahren war. Er hatte behauptet, dass er dort Wasserski fahren wolle. Wie sich anhand ihrer Angaben rekonstruieren ließ, waren Janice Ott und Denis Naslund genau eine Woche nach seinem Aufbruch verschwunden.

Konkrete Indizien

Im September 1975 verkaufte Ted Bundy seinen VW-Käfer an einen Teenager aus Midvale. Die Polizei in Salt Lake City beschlagnahmte den Wagen und schafften ihn ins FBI-Labor. Die Techniker fanden Haare, die vermutlich von Caryn Campbell, Melissa Smith und Carol DaRonch stammten. Vergleichsanalysen von Haaren waren in den 1970ern nicht annähernd so präzise wie heutige DNA-Analysen. Andererseits war es äußerst unwahrscheinlich, Haare von drei unterschiedlichen Personen, die sich nie im Leben begegnet waren, an einem Fleck zu finden.

Im Zuge der Ermittlungen ergaben sich weitere Hinweise, die Ted Bundy mit den Opfern in Verbindung brachten:

  • Eine Cousine von Ted Bundy kannte Lynda Healy persönlich.
  • Weitere Augenzeugen bestätigten nun, dass Bundy sich an dem Tag am Lake Sammamish aufgehalten habe, als Janice Ott und Denise Naslund verschwunden waren.
  • Ein Bekannter von Bundy bezeugte, dass er im Handschuhfach von Bundys Wagen Strumpfhosen gesehen habe.
  • Außerdem habe sich Bundy öfters in den Taylor Mountains aufgehalten; dort hatte die Polizei inzwischen mehrere Leichen von Opfern gefunden.
  • Kreditkartenabrechnungen belegten, dass Bundy in mehreren Orten, in denen Opfer verschwunden waren, getankt hatte.
  • Eine Bekannte hatte Ted Bundy mit einem Gipsarm herumlaufen sehen, obwohl er zu diesem Zeitpunkt nicht in ärztlicher Behandlung gewesen war.

Gegenüberstellung

Am 2. Oktober 1975 bat man Carol DaRonch sowie eine Freundin von Debra Kent und die Regisseurin des Theaterstücks an der Viewmont Highschool zu einer Gegenüberstellung auf das Polizeirevier. Alle drei identifizierten Ted Bundy als den gesuchten Tatverdächtigen. Bundy beteuerte seine Unschuld. Im Fall Debra Kent reichten die Beweise noch nicht aus, um ihm einen Mord anzuhängen. Aber im Oktober 1975 waren die Kriminalbeamten überzeugt, dass Ted Bundy Carol DaRonch entführt hatte. Es erging Haftbefehl und Anklage.

Ted Bundy kam gegen Zahlung einer Kaution in Höhe von 15.000 $ wieder auf freien Fuß. Seine Eltern brachten das Geld auf. Die Zeit zwischen Anklageerhebung und Prozess verbrachte er zum größten Teil bei Elizabeth Kloepfer in Seattle. Die dortigen Ermittlungsbehörden hatten nicht genügend Beweise in Händen, um ihm die Morde in Washington und Oregon nachzuweisen. Dennoch überwachte die Polizei in Seattle jeden seiner Schritte. Bundy ließen die Vorwürfe kalt. Er blieb dabei: Er hatte mit den Morden und dem Verschwinden der Frauen nichts zu tun.

Konferenz der Ermittler

Im November trafen sich die drei leitenden Mordermittler – Jerry Thompson aus Utah, Robert Keppel aus Washington und Michael Fisher aus Colorado – zu einer Konferenz in Aspen, Colorado. An dem Treffen nahmen dreißig Kriminalbeamte und Anwälte teil, die sich mit den ungeklärten Mordserien beschäftigten. Man war sich über zwei Dinge einig:

  1. Ted Bundy war ihr gesuchter Täter.
  2. Man hatte noch nicht genügend Beweise, um ihm die Mordserien nachweisen zu können.

Also durchleuchteten die Beamten nun Bundys komplette Lebensgeschichte, um herauszubekommen, mit wem sie es hier eigentlich zu tun hatten. Sie waren sicher, sie würden etwas finden, wenn sie nur tief genug wühlten.

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