John Wayne Gacy hat sich ein kleines florierendes Unternehmen aufgebaut, engagiert sich politisch und leistet aufopferungsvoll ehrenamtliche Arbeit in gemeinnützigen Organisationen. So tritt er unter anderem regelmäßig als »Pogo der Clown« auf Kinderstationen von Krankenhäusern auf. Doch der vermeintliche Saubermann versteckt nicht nur im übertragenen Sinne einige Leichen im Keller.
Ein Junge verschwindet
Der 15-jährige Robert Jerome Piest jobbte in einer Apotheke in Des Plaines, Illinois. Am Abend des 11. Dezember 1978 erschien dort seine Mutter, um ihn von der Arbeit abzuholen. Er entschuldigte sich bei ihr. Er müsse noch kurz mit einem Geschäftsmann sprechen, der ihm gerade einen Job für den kommenden Sommer angeboten habe. Der Mann warte draußen vor dem Laden auf ihn.
Doch Robert Piest kehrte nicht ins Geschäft zurück. Seine Mutter begann, sich Sorgen zu machen. Sie suchte die Umgebung der Apotheke ab, ohne einen Hinweis auf den Verbleib ihres Sohnes zu finden. Drei Stunden nach seinem Verschwinden benachrichtigte sie die Polizei von Des Plaines. Lieutenant Joseph Kozenczak übernahm die Ermittlungen.
Die Befragung des Apothekers Phil Torf ergab, dass er sich am Abend mit dem Bauunternehmer John Gacy getroffen hatte. Gacy hatte ihm ein Angebot für einen geplanten Umbau des Ladenlokals unterbreitet. Während des Gesprächs habe Gacy auch erwähnt, dass seine Firma gelegentlich Jugendliche als Aushilfskräfte anheure. Laut Torf habe Robert Piest in der Nähe gestanden, diese Bemerkung möglicherweise mitbekommen und anschließend versucht, sich einen Job zu ergattern.
Der Bauunternehmer weiß von nichts
Am nächsten Abend fuhr Lt. Joseph Kozenczak nach Norwood Park Township. Der Bauunternehmer wohnte 8213 West Summerdale Avenue. Gacy leugnete, sich mit Robert Piest vor der Apotheke unterhalten zu haben. Er erinnerte sich, im Innern des Geschäfts zwei Jugendliche bemerkt zu haben, die dort arbeiteten. Bei einem der beiden habe er sich nach der Größe des Hinterzimmers erkundigt. Für den Umbau müsse er Baumaterial lagern. Er habe erfahren wollen, ob der vorhandene Platz ausreiche. Bei dem Jungen könne es sich möglicherweise um den gesuchten Robert Piest gehandelt haben. Er habe ihm aber keinesfalls einen Job angeboten.
Kozenczak forderte Gacy auf, ihm aufs Polizeirevier zu folgen, damit sie die Aussage protokollieren konnten. Gacy sagte, es habe einen Todesfall in der Familie gegeben. Sein Onkel sei verstorben und er müsse sich noch dringend um einige Anrufe kümmern. Er versprach, später am Abend auf der Wache vorbeizuschauen.
Der Schmutzfink
John Gacy erschien dort um 3.30 Uhr in der Früh mit stark verschmutzter Kleidung. Er entschuldigte seinen Aufzug und behauptete, in einen Autounfall verwickelt worden zu sein. Nach wie vor bestritt er, irgendetwas mit dem Verschwinden von Robert Piest zu tun zu haben. Er wiederholte auch, dass er dem Jungen keine Anstellung versprochen habe.
Kozenczak wollte wissen, warum Gacy am Abend des 11. Dezember gegen 20.00 Uhr zur Apotheke zurückgekehrt sei, wie Zeugen bestätigt hatten. Der Bauunternehmer sagte aus, er habe einen Anruf vom Inhaber Phil Torf erhalten. Torf habe ihn informiert, dass er seinen Terminplaner in der Apotheke vergessen habe. Die Ermittler hatten mit Torf bereits über diesen Vorfall gesprochen. Sie wussten, dass dieser Anruf nicht stattgefunden hatte. Dennoch ließen sie Gacy laufen, nachdem er ihnen in einer schriftlichen Stellungnahme präzise aufgelistet hatte, wo er sich wann an dem besagten 11. Dezember aufgehalten hatte.
Volltreffer
Die Beamten überprüften anschließend, ob John Gacy jemals mit dem Gesetz in Konflikt geraten war. Zu ihrer Überraschung landeten sie einen Volltreffer. Der vermeintliche Saubermann war zehn Jahre zuvor wegen Unzucht mit einem Minderjährigen im Knast gelandet. Außerdem war in Chicago eine Anzeige wegen Körperverletzung gegen ihn anhängig. Joseph Kozenczak war inzwischen überzeugt, dass Gacy für das Verschwinden von Robert Piest verantwortlich war. Sie hatten keine Zeit zu verlieren, bevor der Verdächtige möglicherweise alle Beweise vernichtet hatte. Der Lieutenant erwirkte einen Durchsuchungsbeschluss für Gacys Haus.
Interessante Sammlung
Am 13. Dezember 1978 wurde der Beschluss vollstreckt. Der Hausherr selbst war nicht anwesend. Die Beamten konnten zwar keine Beweismittel finden, die Gacy direkt mit dem verschwundenen Robert Piest in Verbindung brachten. Stattdessen beschlagnahmten sie eine interessante Ansammlung von Gegenständen, die Gacy immer verdächtiger erscheinen ließen. Darunter befanden sich:
- eine Kiste, die Marihuana und Zigarettenpapier enthielt
- eine Waage
- Tabletten, darunter auch Valium und Amylnitrit – besser bekannt als »Poppers«
- eine Spritze und Nadel mit einer kleinen braunen Flasche
- ein Adressbuch
- sieben Erotikfilme aus Schweden
- Bücher mit Titeln wie »Enge Teenager«, »Die Rechte der Schwulen«, »Biker-Junge«, »Päderastie: Sex zwischen Männern und Jungen«, »21 abnormale Sexfälle«, »Der amerikanische Schwulenführer für zwei Jahrhunderte«, »Köpfe und Schwänze und das große Schlucken«
- hinter der Dämmung auf dem Dachboden war ein 45 cm langer Gummidildo versteckt
- ein Schnappmesser
- eine italienische Startpistole Kaliber 6 mm der Marke Brevettata, wie man sie bei sportlichen Wettkämpfen benutzte
- ein Paar Handschellen mit Schlüsseln
- Nylonschnur
- eine 1 Meter lange Dachlatte mit zwei Bohrlöchern an jedem Ende
- ein befleckter Teppich
- gefälschte Polizeimarken
- ein Schmuckkästchen, das zwei Führerscheine und verschiedene Ringe enthielt. Die Ausweispapiere waren nicht auf Gacy ausgestellt. Auf einem der Ringe waren die Initialen J.A.S. und die Inschrift »Maine West High School Class of 1975« eingraviert.
- Kleidung, die eindeutig zu klein für Gacy war
- Farbfotografien von Apotheken und Drogerien
- eine Quittungsbeleg für einen Fotofilm, der aus der Apotheke stammte, für die Robert Piest gearbeitet hatte
John Wayne Gacy gehörten drei Fahrzeuge, die ebenfalls konfisziert wurden:
- ein Chevrolet Pick-up mit einem montierten Schneepflug und ein Van, die beide das Emblem von Gacys Firma trugen
- ein nagelneuer schwarzer Oldsmobile Delta 88
Feuchtgebiet
Die Polizisten warfen auch einen Blick in den unbeleuchteten Kriechkeller unter dem Haus, der einen ranzigen Geruch verströmte. Der Boden stand jedoch kniehoch unter Wasser, sodass die Beamten auf eine genauere Untersuchung verzichteten und sich stattdessen mit den bereits sichergestellten Indizien zufriedengaben.
weiter zu —> (2) Die Fassade bröckelt
Weitere Kapitel zum Fall John Wayne Gacy
- »Pogo der Killer-Clown« – John Wayne Gacy Jr.
- (2) Die Fassade bröckelt
- (3) Der dickliche Sadist
- (4) Das Spiel ist aus
- (5) Leichen im Keller
- (6) Archäologische Ausgrabungen
- (7) Eine Kindheit in Chicago
- (8) Ein Mann auf dem Weg nach oben
- (9) Flecken auf der weißen Weste
- (10) Neuanfang in Chicago
- (11) Gacys erste Morde
- (12) Ein entfesselter Serienkiller
- (13) Serienmörder mit Platzproblemen
- (14) Probleme bei der Identifizierung der Leichen
- (15) Hat Gacy noch weitere Opfer getötet?
- (16) Hatte Gacy Komplizen?
- (17) Das Ende von Pogo dem Killer-Clown
- Bücher zu John Wayne Gacy
- Filme zu John Wayne Gacy
krasser typ.
krasser Typ, einfach alle verscharrt
„Nur“ noch 5 der Opfer sind aktuell nicht identifiziert.
Seit 2011 wurden 3 der 8 unbekannten Opfer identifiziert, zuletzt im Oktober 2021 Francis Wayne Alexander.
Siehe dazu https://www.stern.de/panorama/john-wayne-gacy–weiteres-opfer-nach-ueber-45-jahren-identifiziert-30867140.html
Jedenfalls vielen Dank für diese interessanten Berichte und Recherchen, es ist erschütternd, wie grausam Menschen sein können.