(3) Der Prozess gegen Fritz Erbe und Dorothee Buntrock

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Der Prozess gegen Fritz Erbe und Dorothee Buntrock kam am 23. Juni 1892 vor dem Schwurgericht in Magdeburg zur Verhandlung. Fritz Erbe blieb bei seiner Aussage: Er sei weder der Mörder noch habe er von den Taten irgendetwas gewusst. Für den 13. August 1890, den Tag der Ermordung von Dora Klages, könne er ein Alibi vorweisen. Damals sei er nicht in Eschede gewesen, sondern habe in Hannover Lotterielose verkauft. Immerhin räumte Erbe ein, dass er im »Hannoverschen Tageblatt« mehrere Anzeigen geschaltet hatte. Er habe sich aber nur Sex von den Bewerberinnen »gewünscht« und eventuell darauf spekuliert, ihnen auch noch etwas Bares abzuknöpfen. Na dann.

Der Nachweis des Alibis misslang. Am zweiten Verhandlungstag wurde Erbe durch mehrere Zeugenaussagen schwer belastet. Er hatte einem Mädchen in Hannover Schmuck geschenkt, der nach den Aussagen des Vaters und der Schwester von Dora Klages aus dem Besitz der Toten stammte. Die Wirtstochter aus Eschede trat auf. Und natürlich die Kronzeugin Dorothee Buntrock. Fritz Erbe war geliefert. Nach den Ergebnissen der Beweisaufnahme hatten die Geschworenen nicht den geringsten Zweifel, dass Erbe der Haupttäter war. Es fand sich auch keinerlei Hinweis darauf, dass Dorothee Buntrock jemals einen anderen Liebhaber als Erbe hatte.

Weitere Morde?

In seinem Plädoyer deutete Staatsanwalt Maizier an, dass die Beschuldigten wohl weitere Morde auf dem Kerbholz hätten. Um ihnen diese nachzuweisen, mangelte es aber offensichtlich an stichhaltigen Indizien. Die zwei bewiesenen Morde reichten den Geschworenen, um die Angeklagten am 29. Juni 1892 schuldig zu sprechen. Das Gericht verurteilte daraufhin Fritz Erbe und Dorothee Buntrock zum Tode.

Die beiden Serienmörder galten im Übrigen vorübergehend auch als Tatverdächtige im Mordfall Johann Hegmann, einem Fünfjährigen, der mit durchschnittener Kehle in einer Scheune mitten in Xanten aufgefunden wurde. Das Verbrechen sorgte damals in Deutschland für gewaltiges Aufsehen, konnte aber niemals aufgeklärt werden. Der zuständige Staatsanwalt stellte jedoch am 3. Juli 1892 klar, dass die beiden nicht als Täter infrage kämen. Die Ermittlungen der Polizei hätten ergeben, dass sich Dorothee Buntrock und Fritz Erbe zur Tatzeit in Kleve beziehungsweise dem Harz aufgehalten hätten. Wobei Kleve nun nicht allzu weit von Xanten entfernt liegt.

„Unter kalten Mörderhänden musste sie ihr Leben enden …“

Am 24. Mai 1893 wurden Buntrock und Erbe vom Scharfrichter Friedrich Wilhelm Reindel in Magdeburg hingerichtet. Über 120 Jahre nach der Tat erinnert noch ein kleiner Gedenkstein an die Verbrechensserie, der am Tatort in der Nähe von Eschede angebracht wurde. Außerdem findet man neben der Kirche in Eschede ein Ehrenmal, das ursprünglich das Grab von Dora Klages zierte: »Hier ruht in Gott Dora Klages geboren zu Hameln 22. März 1873, ermordet, beraubt im Walde bei Eschede am 13. August 1890, aufgefunden und begraben am 21. März 1892.« Auf der Rückseite des Grabsteins ist eingemeißelt: »Unter kalten Mörderhänden musste sie ihr Leben enden. Ein traurig Los war ihr beschieden, nun ruht sie fest in Gottes Frieden.«

A-N-N-A von hinten wie vorne

Und auch ein berühmtes Gedicht spielt wohl auf das Verbrechen an: „An Anna Blume“ von dem Hannoveraner Kurt Schwitters, dem Erfinder der Collage. [Link zu Wikipedia-Artikel über das Gedicht] Das Gedicht hat viele andere Künstler inspiriert und hinterlässt auch noch in der Gegenwart seine Spuren. So bezieht sich beispielweise der Hit „A-N-N-A“ von der Stuttgarter Hip-Hop-Kombo „Freundeskreis“ auf Schwitters Verse.

Laut Bernd Rauschenbach ließ sich Schwitters durch das Pseudonym inspirieren, das Dorothee Buntrock als angebliche Stellenvermittlerin in Hannover benutzte: Anna Blume. (Nachzulesen in “Dorothee Buntrock war brünett” in Kurt Schwitters Almanach No 10, Postscriptum Verlag, S. 21-28.) Kurt Schwitters hatte einen persönlichen Bezug zu dem Fall. Carl Behrens, den Fritz Erbe als möglichen Täter ins Spiel gebracht hatte, war ein ehemaliger Klassenkamerad des Dichters.

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Buchhinweis:
Hugo Friedländer schildert diesen Fall in Band 1 der »Interessanten Kriminal-Prozesse«. Das Buch können Sie unter dem angegebenen Link kostenlos herunterladen.

 

 

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