(11) Miami

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Al Capone baute sich ab 1927 ein neues Refugium in Miami auf. Die Winter waren deutlich angenehmer als in Chicago, der Empfang dennoch unterkühlt. Capones Ruf war ihm längst bis ans andere Ende des Landes vorausgeeilt. In den folgenden Jahren bemühte er sich dennoch, in die Gesellschaft von Miami aufgenommen zu werden. Immerhin pflasterten hier keine Leichen seinen Weg. Die Schießereien fanden nach wie vor in Chicago statt, nicht in Florida.

93 Palm Island

Capone bezog zunächst zusammen mit Frau und Kind ein riesiges Anwesen zur Miete. Dann schaute er sich nach einem eigenen Haus um. Über einen Strohmann kaufte er eine Villa mit 14 Zimmern auf Palm Island. Der bekannte Bierbrauer Clarence Busch hatte das Haus ursprünglich errichtet.

In den kommenden Monaten investierte Capone ein kleines Vermögen, um das Anwesen zur Festung auszubauen. So ließ er die Mauern mit Betonwänden verstärken und überall zentimeterdicke Holztüren einsetzen. Wer einen Blick auf die nach wie vor existierende Villa werfen will: Spiegel-Online hat dieser Tage einen Bericht mit einer ausführlichen Fotostrecke veröffentlicht.

Der Kauf der teuren Immobilie weckte das Interesse der Steuerfahnder. Elmer Irey setzte seinen Mitarbeiter Frank J. Wilson auf Capone an. Er sollte Capones Einnahmen und Ausgaben dokumentieren. Die Aufgabe war alles andere als einfach. Al Capone wickelte praktisch alle Geschäfte in bar oder über Mittelsmänner ab.

Es gab eine Ausnahme: die Immobilie auf Palm Island. Hier wurden etliche größere Beträge per Vertrag und Rechnung erledigt. Die Summen, um die es dabei ging, setzten voraus, dass Capone ein beträchtliches Einkommen zur Verfügung stand. Für die Steuerfahndung ergab sich daraus ein guter Ansatzpunkt, um weitere Ermittlungen anzustellen.

Bomben in Chicago

Auch an anderer Front formierte sich neuer Widerstand. Die US-Regierung ernannte George Emmerson Johnson zum neuen Bundesanwalt in Chicago. Johnson war Teil eines Netzwerkes der etablierten Familien im Mittleren Westen. Denen war der Emporkömmling aus einer italienischen Zuwandererfamilie ein Dorn im Auge. Er war keiner von ihnen und sollte es auch niemals werden. George Johnson setzte Al Capone in den kommenden Jahren unerbittlich nach.

Gründe für Ermittlungen lieferte ihm das organisierte Verbrechen in Chicago zur Genüge. Im Frühjahr 1928 standen wieder einmal Wahlen an, die in Chicago von einer neuerlichen Eskalation der Gewalt begleitet wurden. Es gab zahlreiche Anschläge und Bombendrohungen. Doch dieses Mal zählten nicht Gangster, sondern hochrangige Politiker wie beispielsweise der US-Senator Charles Deneen zu den Opfern.

Vermutlich steckte der korrupte Bürgermeister Bill Thompson hinter der Anschlagsserie, da die Opfer der Attentate alles Personen waren, die zu seinen erbitterten Gegnern zählten. Al Capone, der zu der Zeit in Florida weilte, war da nur der willkommene Sündenbock, dem man die Morde in die Schuhe schieben konnte.

Der Tod von Frankie Yale

Al Capone war mit anderen Problemen beschäftigt. Sein langjähriger Geschäftspartner und ehemaliger Frankie Yale betrog ihn. Zu diesem Schluss kam zumindest Al Capone, als auf der Schmuggelroute von New York nach Chicago immer mehr Lkws mit Schnaps verschwanden. Capone gab den Mord an seinem Kompagnon in Auftrag.

Am 1. Juli 1928, einem Sonntag, hielt sich Frankie Yale im »Sunrise Club« Ecke 14th Avenue und 65th Street auf. Ihm gehörte die Bar. Gegen Mittag erhielt er dort einen mysteriösen Anruf. Der Anrufer behauptete, Yales neuer Ehefrau ginge es nicht gut. Yale schlug das Angebot eines seiner Männer aus, ihn zu fahren. Stattdessen eilte er zu seinem brandneuen, kaffeebraunen Lincoln Coupé.

Als er auf der New Utrecht Avenue an einer Ampel hielt, kam neben ihm eine schwarze Buick-Limousine zum Stehen. In dem Wagen befanden sich vier Männer. Die Männer waren bewaffnet. Sie trugen Revolver, abgesägte Schrotflinten und eine Maschinenpistole, eine sogenannte Tommy Gun. Yale hatte sich zwar eine Panzerplatte in den Lincoln einbauen lassen, aber auf kugelsichere Fensterscheiben verzichtet. Frankie Yale trat das Gaspedal durch.

Die Wagen lieferten sich auf der New Utrecht Avenue eine Verfolgungsjagd. Yale bog in die 44th Street ab. Der Buick war ihm dicht auf den Fersen und konnte ihn schließlich überholen. Die Männer durchsiebten den Lincoln. Der tödlich getroffene Frankie Yale verlor die Kontrolle über den Wagen und raste in die Veranda des Sandsteinhauses Nummer 923.


Links die Veranda. Die New Utrecht Avenue liegt geradeaus.

 

Lexington Hotel

Im selben Sommer kehrte Al Capone wieder nach Chicago zurück. Er verlegte sein Hauptquartier ins luxuriöse Lexington Hotel. Dort mietete er für sich und seine Männer zwei komplette Etagen an. Er selbst lebte wie ein Fürst in einer Suite mit sechs Zimmern und einer eigenen Küche. Er ließ Geheimtüren einbauen, sodass er im Bedarfsfall das Hotel unbemerkt verlassen konnte.

Al Capone wurde zunehmend klar, dass die Prohibition sich ihrem Ende zuneigte. Die Zeit des großen Geldverdienens war vorbei. Wer in Zukunft überleben wollte, musste sich neue einträgliche Einnahmequellen schaffen.

Doch noch war die alte Quelle nicht versiegt. Und Capone plante seinen nächsten Coup, um die alleinige Kontrolle über dieses Kapital zu erlangen. Die Planungen sollten schließlich in einem der berühmtesten Verbrechen der amerikanischen Kriminalgeschichte münden – dem Valentinstag-Massaker.

 

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