(7) Der Prozess gegen Leonard Christopher

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Am 29. November 1990, kurz nach Thanksgiving, wurden die Eröffnungsplädoyers verlesen. Christopher trug einen grauen Anzug und eine schwarze Hornbrille. Er wirkte in der Aufmachung wie ein intelligenter junger Mann. Sollte dieser Mann in den letzten fünf Jahren neun Frauen aufgeschlitzt haben? Es war für die Prozessbeobachter schwer vorstellbar.

Judith Rubino

Die stellvertretende Bezirksstaatsanwältin Judith Rubino verlas die Anklageschrift. Sie führte aus, dass Christopher ein heimtückischer Mörder sei, der ein Messer der Marke „Rambo“ verwendet habe, um Carold Dowd zu töten. Direkt hinter dem Geschäft, in dem er arbeitete.

Rubino konnte zwar keine Tatzeugen präsentieren, dafür aber andere Personen, die Christopher mit dem Tatort zum Zeitpunkt des Mordes in Verbindung brachten. Aus Sicht der Staatsanwaltschaft reichten diese Indizien aus, um Christopher das Verbrechen nachzuweisen. Jemand hatte die Schreie einer Frau gehört. Kurz darauf war Christopher beobachtet worden, wie er die Gasse verließ. Mit einem Messer und blutbefleckter Kleidung. Er hatte über sein Alibi in der Tatnacht gelogen und sich anderweitig in Widersprüche verstrickt.

Jack McMahon

Der Verteidiger Jack McMahon zeichnete hingegen ein Bild vom Angeklagten, das ihn als sanftmütigen Menschen beschrieb, der noch niemals wegen Gewalttaten mit dem Gesetz in Konflikt geraten war. Für den Anwalt war der eigentliche Grund für die Verhaftung im Versagen der Polizei zu suchen. Sie habe unter enormem öffentlichen Druck gestanden. Sie musste irgendwelche konkreten Ergebnisse liefern und tat dies bei der ersten Gelegenheit, die sich ihr bot.

Die Staatsanwaltschaft reagierte erbost auf diese Unterstellung und erhob Einspruch. Doch McMahon gab sich unbeirrt. Er brachte die acht ungeklärten Morde zur Sprache, die deutliche Parallelen zum Mordfall Dowd aufwiesen. Es gebe genügend Indizien, die einen Serienmörder wahrscheinlich erschienen ließen. Einen Serienmörder, der nach wie vor frei herumlief.

Es war klar, auf welche Strategie McMahon im Prozess abzielte. Er wollte bei den Geschworenen einen begründeten Zweifel säen. Wenn es wirklich einen Serienmörder in Frankford gab, dann kam Christopher auch nicht für die Tat an Dowd infrage.

Viele Zeugen vorbestraft

McMahon behauptete, die Polizei habe ihre Ermittlungen gegen Christopher auf Indizien gestützt, die in anderen Fällen niemals als ausreichend erachtetet worden wären. So beruhten die belastenden Aussagen vornehmlich auf Befragungen von Prostituierten und Drogenabhängigen. Die meisten Zeugen hatten ein ellenlanges Vorstrafenregister und hatten in ihrem Leben zig Falschnamen benutzt. Der Anwalt konnte sich nicht vorstellen, wie die Jury nicht einen begründeten Zweifel hegen könne angesichts dieser Belastungszeugen.

McMahon wies zudem auf den Umstand hin, dass Christopher bei seiner Verhaftung keinerlei Verletzungen aufwies. Die Tatortspuren hatten gezeigt, dass sich das Opfer heftig gewehrt hatte. Es sei beim Angeklagten zwar blutbefleckte Kleidung entdeckt worden, für die es aber eine plausible Erklärung gegeben habe, die von Zeugen bestätigt worden sei. Und von der Tatwaffe habe die Polizei keinerlei Spur gefunden. Aber ganz so einfach, wie McMahon es darstellte, lagen die Dinge dann doch nicht.

 

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