Der Tag, als Jimmy Hoffa verschwand

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Jimmy Hoffa und Robert F. Kennedy

1959 war Robert F. Kennedy Gast in einer bekannten Talkshow des amerikanischen Fernsehens. Sein Bruder John F. Kennedy bereitete sich gerade auf die Präsidentschaftskandidatur vor, die ihn 1960 ins Weiße Haus führen sollte. Da erklärte Bobby Kennedy einem Millionenpublikum haarklein, wie eine kleine Kaste von Männern die öffentlichen Kassen ausplünderte und zu einem Staat im Staat heranwuchs, zu einer echten Bedrohung für die amerikanische Gesellschaft. Bobby Kennedy beließ es nicht bei ein paar diffusen Andeutungen. Er nannte Ross und Reiter: Johnny Dio, Tony »Ducks« Corallo und Jimmy Hoffa.

Das war schon ein starkes Stück. Auch wenn die Meinungsfreiheit in den USA traditionell ein hohes Gut ist – Menschen im Fernsehen als Verbrecher zu bezeichnen, war eine riskante Angelegenheit. Vor allen Dingen, wenn diese Männer so einflussreich und gefährlich waren wie Corallo und Hoffa. Der Auftritt sagte viel über Bobby Kennedys Sendungs- und Selbstbewusstsein aus. Das war ein Mann, der sich auf einem Kreuzzug wähnte: gegen die Mafia im Allgemeinen und gegen Jimmy Hoffa im Besonderen.

Der McClellan-Ausschuss

Zwischen 1956 und 1959 leitete Robert F. Kennedy den sogenannten McClellan-Ausschuss im US-Senat. Das Komitee untersuchte den Einfluss der organisierten Kriminalität auf die Gewerkschaften. Mit anderen Worten: Es sollte das korrupte Imperium durchleuchten, das Jimmy Hoffa geschaffen hatte. Der McClellan-Ausschuss befragte in drei Jahren rund 1.500 Zeugen. Nachdem der Ausschuss seine Arbeit beendigt hatte, schrieb Bobby Kennedy ein Buch, in dem er die wichtigsten Ermittlungsergebnisse in der ihm eigenen offenen Art zusammenfasste. Das Buch entwickelte sich zum Bestseller. Jimmy Hoffa tobte.

Jimmy Hoffa - Robert F. Kennedy
Robert F. Kennedy, 1964
Quelle: LBJ Library photo by Yoichi R. Okamoto

Fehde zwischen Jimmy Hoffa und Robert Kennedy

In der jahrelangen Fehde zwischen Jimmy Hoffa und Robert F. Kennedy trafen zwei Charaktere aufeinander, wie sie nicht unterschiedlicher sein konnten. Hoffa war zeit seines Lebens ein störrischer, unbeugsamer Typ, der zu unkontrollierten Wut- und Gewaltausbrüchen neigte. Als Bobby Kennedy auf ihn losging, nahm er die Auseinandersetzung von Anfang an persönlich. Das war ein Krieg zwischen den Kennedys und ihm. Er machte Bobby Kennedy bei jeder sich bietenden Gelegenheit lächerlich. Hoffa nannte ihn nur das »Jüngelchen«.

Als sich die Wege der beiden Kontrahenten auf einer gesellschaftlichen Veranstaltung in Washington kreuzten, entblödete sich Hoffa nicht, Bobby Kennedy in aller Öffentlichkeit zu einem Duell im Armdrücken herauszufordern. Als würden sich seine kriminellen Verstrickungen einfach wegdrücken lassen. Bei einer anderen Gelegenheit trafen die beiden Streithähne in einem Restaurant aufeinander. Hoffa verwickelte Kennedy in ein Geschubse. Das war Hoffas Welt. Wenn sich der ungehobelte Junge aus einfachen Verhältnissen nicht mehr weiterzuhelfen wusste, ließ er die Fäuste sprechen. Das betrachtete Hoffa als sein gutes Recht. Schließlich war er ein echter Mann. Und nicht so ein verzogenes Jüngelchen aus reichem Haus mit affektierten Manieren.

Robert F. Kennedy lehrte den Bullen aus Detroit auf seine Art Zores. Kennedy beherrschte wie kaum ein anderer den Umgang mit dem Beamtenapparat in Washington. Die Bürokraten waren seine Kampftruppen im Konflikt mit Jimmy Hoffa und der Mafia. Bisher hatte Jimmy Hoffa die Welt im Zweifelsfall auf eine simple Binsenweisheit reduzieren können: Man konnte sich fetzen und bis aufs Blut bekriegen – am Ende drehte sich doch immer alles nur ums Geld. Jeder Streit ließ sich regeln, wenn man die richtige Summe auf den Tisch packte. Mit dieser Denke kam er bei Bobby Kennedy nicht weiter. Robert F. Kennedy war der Sohn eines der reichsten Männer der USA. Bobby Kennedy war unbestechlich und unangreifbar. Solche Typen waren Jimmy Hoffa bisher nicht untergekommen.

Jimmy Hoffa ist geliefert

Hoffa zahlte für diese Lektion einen teuren Preis. Das McClellan-Komitee war lediglich ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss. Die Senatoren konnten Jimmy Hoffa weder anklagen noch verurteilen. Doch Bobby Kennedy war ruhelos. Der Ausschuss hatte ihm genügend Munition geliefert, um Hoffa bei einer Vielzahl von Staatsanwaltschaften im Lande anzuschwärzen. Als Robert F. Kenenndy 1960 Justizminister im Kabinett seines Bruders wurde, hatte er auch den Einfluss, um diesen Empfehlungen entsprechenden Nachdruck zu verleihen.

Von da an war Hoffa endgültig geliefert. Mit den Anklageerhebungen, die ihm daraufhin zugestellt wurden, konnte er sich sein Wohnzimmer neu tapezieren. Jimmy Hoffa machte die Sache noch schlimmer, weil er die Dinge auf seine Art zu regeln versuchte. Kurz vor Prozessbeginn flog auf, dass Hoffa mindestens einen Geschworenen bestochen hatte. Das Gericht verurteilte ihn schließlich wegen Betrugs, krimineller Verschwörung und Bestechung zu einer Gesamtstrafe von dreizehn Jahren Gefängnis. Es folgten noch drei Jahre, in denen Hoffa in Berufungsverfahren die gegen ihn ergangenen Urteile vergeblich anfocht. 1967 musste er seine Strafe antreten. Am Ende der jahrelangen Scharmützel zwischen Jimmy Hoffa und Robert F. Kennedy stand der tiefe Fall des einst mächtigsten Gewerkschaftsführers in der Geschichte der Vereinigten Staaten.

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