(2) Wer war Fritz Honka?

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Fritz Honka hatte ein Doppelleben geführt. Nach außen hin war er der unscheinbare Nachtwächter. Die meisten Leute, die ihn kannten, beschrieben den schmächtigen, nur 1,68 Meter großen Mann als nett, freundlich und harmlos. Honka litt stark unter seinem entstellten Äußeren und seinem Sprachfehler, dessen er sich schämte. Im Umgang mit ihm fremden Menschen verhielt er sich recht gehemmt.

Trostlose Kindheit

Über seine Biografie war wenig bekannt. Er kam am 31. Juli 1935 in Leipzig als drittes von neun Kindern zur Welt. Drei der Geschwister verstarben bereits bei der Geburt. Sein Elternhaus befand sich in der Seeburgstraße 90, einem Arbeiterviertel im Südosten der Innenstadt. Der Vater Fritz Honka senior arbeitete als Heizer bei der Stadt. Die Mutter Else Honka war als Putzfrau tätig.


Wo sich rechts im Vordergrund die „Kaninchenställe“ befinden, muss Honkas Geburtshaus einst gestanden haben. Der weitere Straßenverlauf ist noch mit Häusern bestückt, die zu dieser Zeit bereits dort standen.

 

Gemäß den Angaben, die Honka machte, war der Vater ein exzessiver Trinker und sympathisierte mit den Kommunisten. Die Nazis steckten den Mann ins KZ, die Kinder kamen ebenfalls ins Lager. Erst nach Kriegsende wurde die Familie entlassen und kehrte nach Leipzig zurück. Der Vater starb jedoch bereits im folgenden Jahr 1946 an den Spätfolgen der Haft und den Auswirkungen seines Alkoholmissbrauchs.

Honka weigerte sich, über seine Mutter nähere Angaben zu machen. Nur eines war aktenkundig. Else Honka gab die Kinder nach dem Tod des Mannes in ein Waisenhaus. Es folgte für Fritz Honka eine Odyssee durch die Leipziger Kinderheime. Honka sah seine Mutter nie wieder.

Elsa und Fritz Honka, die Eltern
Elsa und Fritz Honka, die Eltern

Zementkrätze samt Alimente

Um 1950 begann er eine Maurerlehre. Schnell stellte sich heraus, dass er an sogenannter Zementkrätze litt. Honka reagierte allergisch auf den Zementstaub. Er brach die Lehre ab und ging 1951 in den Westen. In der Gemeinde Brockhöfe, einem kleinen Dorf in der Lüneburger Heide, kam er als Hilfskraft auf einem Bauernhof unter. Er fing eine Affäre mit einer Frau namens Margot an.

Dann gebar Margot einen Sohn, den sie Heinrich taufte. Margot verklagte Fritz Honka auf Unterhalt. Der Hilfsarbeiter musste 3.000 DM Alimente abdrücken. Anfang der 1950er Jahre stellte das noch ein kleines Vermögen dar. Ein nagelneuer VW-Käfer kostete kaum mehr. Schließlich erfuhr Honka noch, dass er möglicherweise gar nicht der Vater des Kindes war. Er fühlte sich betrogen.

Fritz und Inge

1956 zog Fritz Honka nach Hamburg, wo er eine Anstellung als Werftarbeiter bei den Howaldtswerken fand. Im selben Jahr geriet er in einen Verkehrsunfall, als er mit dem Fahrrad auf einer Straße bei Barsbüttel unterwegs war. Honka erlitt schwere Kopfverletzungen und behielt lebenslange Folgeschäden zurück. Seine völlig zertrümmerte Nase stand von nun an völlig schief im Gesicht, die Augen schielten extrem. Außerdem waren ihm die Zähne im Unterkiefer herausgebrochen. Infolgedessen konnte er kein »Sch« aussprechen.

In dieser Zeit lernte Honka Inge kennen. 1957 heirateten die beiden. Und wieder wurde Honka rasch Vater. Der Sohn von Fritz Honka trug dieses Mal den gleichen Namen wie der Vater. Die Beziehung verlief turbulent. Seine Frau war Alkoholikerin. Fritz Honka verfiel ebenfalls immer mehr der Flasche. Die Nachbarn berichteten, dass in der Wohnung im Wümmeweg 10A in Neuwiedenthal regelmäßig die Fetzen flogen. 1960 ging die Ehe in die Brüche.


Rechts das weiße Hochhaus. Sieht so aus, als sei es um 1960 entstanden.

 

Die beiden rauften sich wieder zusammen und heirateten erneut. Fritz und Inge konnten voneinander nicht lassen, ebenso wenig wie vom Alkohol. Der Klassiker in Sachen Co-Abhängigkeit. Das Paar verlor seine Wohnung und vegetierte in Notunterkünften. 1967 folgte das endgültige Ehe-Aus. Honka berappelte sich wieder, fand einen Job als Nachtwächter und bezog die Mansardenwohnung in der Zeißstraße 74.

Zwischen 1971 und 1974 war er als Sicherheitsmann auf der Baustelle des Shell-Gebäudes in der City-Nord beschäftigt. Heute sind in dem ehemaligen Hauptverwaltungssitz der Deutschen Shell AG die ITERGO, eine Tochter der ERGO Versicherung, und eine Abteilung für Wirtschaftskriminalität des LKA Hamburg untergebracht. Als man Honka verhaftete, arbeitete er als Nachtwächter in einem Wasserwerk.


Links die ehemalige Konzernzentrale der Deutschen Shell am Überseering.

 

Unter Verdacht

Die Ermittler erfuhren von den Nachbarn, dass Fritz Honka häufig Frauenbesuch in der Wohnung gehabt hatte. Es ging regelmäßig hoch her in der engen Mansardenbude. Es wurde laut gestritten, gegrölt und gesoffen bis zum Umfallen. Einige der Frauen blieben länger, wohnten scheinbar vorübergehend bei Honka. Am Ende waren auch sie verschwunden.

Die Beamten wühlten in ihren eigenen Akten. Fritz Honka war in den 1960ern, als er durch die Notunterkünfte tingelte, ein paar Mal wegen kleinerer Diebstähle mit der Polizei aneinandergeraten. Ein weitaus schwerer wiegenderer Vorwurf datierte jedoch jüngeren Datums. Am 15. August 1972 hatte eine gewisse Ruth D. Strafanzeige gegen Honka wegen Vergewaltigung gestellt.

Damals lebte Honka mit einer Frau in der Zeißstraße zusammen. Seine Mitbewohnerin Irmgard galt als lesbisch und hatte am 15. August Ruth D. in die Wohnung mitgebracht. Honka kam dazu und wollte Irmgards Bekannte zum Sex nötigen. Ruth D. floh nackt auf die Straße. Ihr Körper war von mehreren Striemen gezeichnet. Sie ließ sich in einem Krankenhaus behandeln und brachte den Fall bei der Polizei zur Anzeige.

Die Polizei schaffte Honka auf die Wache und behandelte ihn erkennungsdienstlich. Der Polizeiarzt stellte fest, dass der Verdächtige 2,4 Promille Alkohol im Blut hatte. Am 4. April 1975, nur drei Monate vor seiner neuerlichen Verhaftung, verurteilte ihn das Altonaer Schöffengericht zu einer Geldbuße von 4.500 DM, vermutlich wegen Körperverletzung. Denn den Tatvorwurf der Vergewaltigung hatte die Anklage fallen gelassen.

 

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3 Kommentare

  1. Aus meiner Sicht nicht gut recherchiert.Daten stimmen nicht 1 Sohn Juni 1957 geboren, 2 Sohn meines Wissens nach August 1957 und Herr Honka wohnte Anfangs in Oerrel,die Margot kam aus Brockhöfe.

    • Hallo Herr/Frau Brockelmann,

      danke für den Hinweis. Ich werde ihn einfügen, wenn ich Zeit finde.

      Die Geschichte hier ist im Übrigen nicht im klassischen Sinne recherchiert. Sie basiert auf Zeitungsartikeln und Dokumentationen über den Fall Honka.

      Herzliche Grüße
      Richard Deis

  2. Sehr geehrter Herr Deis, schade das vergessen wird das Herr Honka Kinder hinterlassen hat (Söhne) wo ist Ihr Interesse an diesem Menschen geblieben der jetzt im Kino zum Monster gemacht wird.
    Alles Liebe und Gute für Sie!
    Mit freundlichen Größen
    Chr.Bockelmann

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