(3) Frankie Yale

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Wie vollzog sich also der Wandel von Al Capone, dem unscheinbaren Mann der leisen Töne, zu »Scarface«, dem Über-Gangster schlechthin? Ein entscheidender Faktor auf dem Weg dahin war Capones Bekanntschaft mit Frankie Yale. Francesco Ioele, so sein eigentlicher Name, stammte ursprünglich wie die Capones aus Kalabrien.

Der Gegentwurf zu Johnny Torrio

Er war der Gegenentwurf zu Johnny Torrio. Ein brutaler, verschlagener, rücksichtloser Krimineller, dessen Auftreten bereits Furcht einflößend war. Im Unterschied zu Torrio hatte er keine Ideen, die er zu Geld hätte machen können. Stattdessen sah er das Geld und räumte skrupellos alles beiseite, was zwischen ihm und dem Mammon stand. Das war Yales kriminelles Geschäftsmodell.

Al Capone - Frankie Yale
Francesco Ioele alias Frankie Yale

Frankie Yale eröffnete auf Coney Island eine Bar, die er »Harvard Inn« nannte. Auf Empfehlung von Johnny Torrio heuerte er den mittlerweile 18-jährigen Al Capone als Barkeeper und Rausschmeißer an. Anfangs war Capone bei seinem Chef und den Kunden gleichermaßen beliebt. Nach einem Jahr wendete sich sein Glück.


Nicht mehr viel übrig geblieben: An dieser Stelle in der Surf Avenue auf Coney Island stand Frankie Yales Kaschemme „Harvard Inn“, in der Al Capone zu seinem Spitznamen „Scarface“ kam

 

Scarface

Eines Tages bediente er ein junges Paar. Das Mädchen war sehr schön. Der junge Al Capone war ganz hin und weg. Er beugte sich zu ihr herab und sagte laut und vernehmlich: »Schätzchen, du hast einen hübschen Arsch und ich meine das als Kompliment.«

Al Capone - Frank Gallucio
Frank Gallucio, 1940

Der männliche Begleiter des Mädchens war ihr Bruder Frank Gallucio. Gallucio sprang auf und verpasste dem Mann, der seine Schwester Lena beleidigt hatte, einen Fausthieb. Al Capone geriet in Rage und stürzte sich auf Gallucio, der ein Messer herauszog, um sich zu verteidigen. Er zog Capone die Klinge dreimal durchs Gesicht. Dann schnappte sich Gallucio seine Schwester und floh mit ihr aus der Kneipe. Die Wunden heilten zwar, aber Capone behielt sein Leben lang deutlich sichtbare Narben zurück. Sein Spitzname »Scarface« war geboren.

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Capone und die klar erkennbare Narbe, der er seinen Spitznamen verdankte

Lektionen

Capones Verhalten hatte noch weitere Konsequenzen. Gallucio wandte sich zunächst an Lucky Luciano und beschwerte sich über den frechen Kellner. Luciano redete wiederum mit Frankie Yale. Yale rief Luciano, Gallucio und Capone an einen Tisch, um den Streit beizulegen. Er zwang Al Capone dazu, sich bei Gallucio zu entschuldigen. Capone lernte seine Lektion. Er musste sein Temperament in Zukunft zügeln, wenn es ihm im Weg stand.

Trotz des Ärgers nahm Frankie Yale Capone unter seine Fittiche. Yale lebte von Schutzgelderpressung, Kreditwucher, Buchmachern und Zuhältern. Um seine Ansprüche geltend zu machen, hatte er sich mit einer Schar von brutalen Schlägern umgeben, die auch nicht vor Mord zurückschreckten. Capone bekam Einblicke, wie die schmutzigste Seite des Geschäfts funktionierte.

Mae Coughlin

So stark Yales Einfluss auf Capones zukünftige Entwicklung auch gewesen sein mag, er machte zu dieser Zeit auch andere Erfahrungen, die sich eher mäßigend auswirkten. Im Alter von neunzehn Jahren lernte er ein hübsches blondes Mädchen irischer Abstammung namens Mae Coughlin kennen, die zwei Jahre älter war als er.

Ihre Familie stammte aus der Mittelschicht. Sehr unwahrscheinlich, dass Maes Familie von der Beziehung ihrer Tochter angetan war. Dafür spricht, dass die beiden erst nach der Geburt ihres ersten Kindes heirateten.

Der Sohn Albert Francis Capone kam am 4. Dezember 1918 zur Welt. Sein Pate war Johnny Torrio. Sonny, wie er sein ganzes Leben lang genannt wurde, schien bei seiner Geburt kerngesund zu sein. Doch später stellte sich heraus, dass er unter angeborener Syphilis litt. Al Capone gestand den Ärzten, dass er sich mit Schanker infiziert hatte, bevor er mit seiner Frau Mae zusammenkam. Er hatte geglaubt, die Krankheit sei vollkommen ausgeheilt.

Mit der Frau an seiner Seite und dem Baby, für das er sorgen musste, machte sich Al Capone auf die Suche nach einem legalen Job, der die Familie ernähren konnte. Er kündigte bei Frankie Yale und zog nach Baltimore. Dort fand er bei der Baufirma von Peter Aiello eine Anstellung als Buchhalter.

Capone war gut in seinem Job. Er war intelligent, konnte gut mit Zahlen umgehen und erwies sich als zuverlässiger Mitarbeiter. Doch der plötzliche Tod seines Vaters sollte eine grundlegende Veränderung in seinem Leben bewirken.

 

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