Fünf Wochen nach der Verhandlung kauften Lizzie und Emma Borden ein viktorianisches Steinhaus mit 13 Zimmern im noblen Viertel „The Hill“, dem elegantesten Stadtteil von Fall River. Das Haus steht heute noch 306 French Street.
Die beiden Schwestern tauften die Villa auf den Namen „Maplecroft“ und ließen den Namen in die Treppe zum Haupteingang anbringen. Wenn Sie unten das Bild näher heranzoomen oder das Originalbild bei Google Maps öffnen, können Sie den Schriftzug nach wie vor erkennen.
Wandlung
Aus Lizzie Borden – im Übrigen ihr richtiger Taufnahme und keine Abkürzung – wurde nun Lizbeth Andrew Borden. Die einst fromme Kirchgängerin wandelte sich in den folgenden Jahren scheinbar zur lebenslustigen Bohemian, die vorzugsweise mit Leuten aus der Theaterszene abhing. Dafür mag es aber einen simplen Grund gegeben haben. In der Gesellschaft von Fall River galt sie trotz Freispruchs zeitlebens als Geächtete. Die Künstlerkreise waren die vielleicht einzige Gesellschaftsgruppe, die keine Vorbehalte gegen ihre Person hatte.
Zum Haushalt der Borden-Schwestern gehörten Dienstmädchen, eine Haushälterin und ein Kutscher. Sie konnten sich den Lebensstil leisten, da sie als Alleinerbinnen ihrer Eltern eingesetzt worden waren. Weil Abby vor Andrew Borden gestorben war, fiel ihr Erbe zunächst an ihren Mann und darüber an die Stieftöchter. Dennoch einigten sich Lizzie und Emma Borden außergerichtlich mit den Angehörigen ihrer Stiefmutter, um einem langwierigen Rechtsstreit aus dem Weg zu gehen.
Streit zwischen Schwestern
Als Lizzie 1904 die junge Schauspielerin Nance O’Neil kennenlernte, kam es zum Bruch mit der Schwester. Während der nächsten Jahre waren die beiden Frauen ein unzertrennliches Gespann. Lizzie richtete mindestens eine ausschweifende Party für ihre Freundin und deren Theaterclique in „Maplecroft“ aus. Augenscheinlich hatte Emma Borden ein Problem damit.
Denn 1905 verließ sie die Villa und zog zunächst zur Familie eines Reverend Buck. Um 1915 ließ sie sich in Newmarket in New Hampshire nieder, wo sie zurückgezogen in einem Haus mit zwei weiteren Frauen lebte. Ihre Schwester Lizzie sah sie nie wieder.
Je älter sie wurde, umso mehr zog sich Lizzie Borden aus der Öffentlichkeit zurück. Sie galt in Fall River als exzentrische Person, die sich mit Vögeln und Eichhörnchen beschäftigte und über die jede Menge wilder Gerüchte kursierten. Sie hatte Fall River nie verlassen trotz der gesellschaftlichen Ächtung. Es gab allenfalls einige wenige mysteriöse Reisen, die sie nach Boston, New York und Washington D.C. führten und von denen keiner wusste, welchem Zweck sie dienten.
Lizzie und Emma Borden sterben fast zeitgleich
Lizzie Borden starb am 1. Juni 1927 im Alter von 67 Jahren an den Folgen einer Gallenblasenoperation. Ihre Schwester verstarb nur neun Tage später im Alter von 76 Jahren an einer chronischen Nierenentzündung. Sie wurden zusammen in der Familiengrabstätte in Fall River beerdigt.
Die Schwestern hinterließen ihr Erbe karitativen Einrichtungen. Lizzie vererbte 30.000 US-Dollar (rund 550.000 Dollar heute) an Tierschutzorganisationen; 500 Dollar an eine Stiftung, die sich um das Grab ihres Vaters kümmern sollte. Ihre engste Freundin und eine Cousine erhielten jeweils 6.000 Dollar. Emma vermachte ihr Geld an verschiedene Wohlfahrtseinrichtungen in Fall River.
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Weitere Kapitel zum Fall Lizzie Borden
- Lizzie Borden schnappte sich 'ne Axt …
- (2) Doppelmord in der Second Street
- (3) Die Ermittlungen
- (4) Rekonstruktion des Tattages
- (5) Die Schlinge zieht sich zu
- (6) Verhaftet
- (7) Aus Mangel an Beweisen
- (8) Die Geächtete von Maplecroft
- (9) Wer ermordete Abby und Andrew Borden?
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