Letztlich brachten die Ermittlungen im Mordfall Hinman den entscheidenden Durchbruch. Gary Hinman war Ende Juli 1969 tot in seinem Haus am Topanga Canyon aufgefunden worden. Am 6. August stoppte eine Polizeistreife einen jungen Mann namens Bobby Beausoleil, der mit dem Wagen des Toten herumfuhr. Im Reserverad entdeckten die Beamten ein Messer. Wie sich herausstellen sollte, handelte es sich um die Tatwaffe, mit der Gary Hinman getötet worden war.
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Bobby Beausoleil
Kitty Lusinger
Als man Beausoleils 17-jährige Freundin Kitty Lusinger verhörte, plauderte sie aus, dass Bobby dem Musiklehrer Hinman am 25. Juli 1969 einen Besuch abgestattet habe. Er sei aber nicht allein gewesen. Eine gewisse Susan Atkins habe ihn begleitet. Beide hätten Hinman gekannt und gehört, dass er eine Erbschaft in Höhe von 21.000 Dollar gemacht habe. Sie hätten ihm eine Spende für die Kommune entlocken wollen, in der Atkins, Beausoleil und Lusinger lebten. Mehr wisse sie darüber nicht, so Kitty Lusinger.
Die Beamten verhafteten anschließend auch Susan Atkins. Sie gab zu, Beausoleil zu Hinmans Haus begleitet zu haben, um ihm sein Geld abzuknöpfen. Als er sich geweigert habe, habe ihm Beausoleil das Gesicht aufgeschlitzt. Danach hätten sie ihn zwei Tage gefangen gehalten. Hinman habe ihnen immer noch nicht das Geldversteck verraten. Da habe ihn Beausoleil mit einem Messer umgebracht.
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Susan Atkins (Mitte)
Die Kommune von der Spahn Ranch
Die beiden Täter lebten mit zwei Dutzend anderen jungen Leuten auf einer Ranch in den Bergen nahe Chatsworth. In den 1920er Jahren hatte die sogenannte Spahn Ranch als Kulisse für zahlreiche Western hergehalten. Die Filmteams hatten auf dem Gelände eine komplette Straße mit einem Saloon, Drug Store und Ställen gebaut. Die Attrappen waren neben einer Reihe von Requisiten und Wohnwägen auf der Ranch zurückgeblieben. Inzwischen war alles unter einer dicken Staubschicht begraben und vollkommen vermodert.
Als Anführer der wilden Kommune von der Spahn Ranch galt ein gewisser Charles Manson. Doch noch hatte die County-Polizei Manson nicht auf dem Kieker. Susan Atkins und Bobby Beausoleil waren für den Mord an Gary Hinman verantwortlich. Dort hatte man zwar ebenso wie am Tatort LaBianca eine Botschaft an der Wand gefunden. Aber Bobby Beausoleil konnte nicht der Mörder des Ehepaars LaBianca gewesen sein. Der Mord geschah am 10. August. Er saß seit dem 6. August in Haft. Und Susan Atkins traute man nicht zu, das Paar alleine getötet zu haben.
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Teile der alten Filmranch
Der Autoschieberring
Charles Manson geriet wegen einer gänzlich anderen Geschichte auf den Radarschirm des Sheriffbüros. In letzter Zeit waren die Autodiebstähle in der Gegend rapide angestiegen. Die Diebe suchten sich vor allen Dingen Volkswagen-Modelle aus. Die Polizei hatte Charles Manson und seine Anhänger im Verdacht, die gestohlenen Fahrzeuge zu Strandbuggys umzufrisieren.
Am 16. August kam es zu einer Razzia auf der Spahn Rahn. Die Beamten stellten neben Fahrzeugen mehrere Waffen sicher. Man nahm Manson und 25 weitere Kommunenmitglieder vorübergehend in Gewahrsam. Aber wegen eines Formfehlers musste man alle Verdächtigen nur wenige Tage später wieder laufen lassen.
Eine immer fröhliche Gefangene
Es war Susan Atkins, die den Stein schließlich ins Rollen brachte und damit eine Lawine auslöste, die bis heute ihre Nachwirkungen zeigt. Im Gefängnis hatte sie schnell den Ruf weg, komplett durchgeknallt zu sein. Ohne dass es einen äußeren Anlass dazu gab, lachte sie plötzlich lauthals los, trällerte ein Lied oder tanzte herum. Ihr schien es nicht das Geringste auszumachen, hinter Gittern eingesperrt zu sein.
Virginia Graham und ihre Freundin Ronnie Howard, die mit Atkins die Zelle teilte, wurden neugierig. Graham fragte die immer fröhliche Mitgefangene, was man ihr vorwarf. »Mord«, gluckste Atkins. Die verdutzte Graham wollte wissen, ob sie es denn auch getan habe. »Klar«, antwortete Susan Atkins, als wäre es die natürlichste Sache der Welt.
Bisher ging die Polizei nur davon aus, dass Atkins Hinman festgehalten hatte, während Bob Beausoleil das Opfer tötete. In Wahrheit, sagte Atkins zu Virginia Graham, sei es genau andersherum gewesen. Ihr Freund habe Hinman am Boden fixiert und sie habe zugestochen.
Atkins erzählte Graham außerdem, dass Charles Manson ihr Liebhaber sei. Manson sei der wiedergeborene Jesus Christus, der sie und die übrigen Anhänger seines Kults zu einer Höhle im Death Valley führen würde. Dort halte sich eine geheime Zivilisation versteckt, die eines Tages die Macht über die gesamte Erde übernehmen würde.
Alles klar, dachte sich Virginia Graham. Diese Frau war tatsächlich vollkommen plemplem. Doch die wirklich irren Geschichten sollte sie erst noch zu hören bekommen.
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Weitere Kapitel zum Fall Charles Manson
- »Helter Skelter« – Charles Manson und Family
- (2) Die Opfer vom Cielo Drive
- (3) Die LaBianca-Morde
- (4) Zusammenhang ausgeschlossen
- (5) Gary Hinman
- (6) Susan Atkins
- (7) Weitere Zeugen
- (8) Charles Manson: Kindheit ohne Struktur
- (9) Beatlemania und Jailhouse Rock
- (10) Sommer der Liebe
- (11) Helter Skelter
- (12) Vincent Bugliosi
- (13) Was man heute über die Tate-Morde weiß
- (14) Was man heute über die LaBianca-Morde weiß
- (15) Die Manson Family vor Gericht: Prozessspektakel
- (16) Der Kult um Charles Manson
- Bücher zu Charles Manson
- Filme zu Charles Manson