Nach seiner Entlassung kam Charles Manson zunächst bei Onkel und Tante unter. Eine kurze Weile lebte er auch bei seiner Mutter. Im Januar 1955 heiratete er Rosalie Jean Willis, die in einer Krankenhauskantine arbeitete. Manson verdingte sich in verschiedenen schlecht bezahlten Jobs als Hilfsarbeiter und besserte sein Einkommen mit Autodiebstählen auf.
Erster Aufenthalt in Los Angeles
Im Sommer 1955 siedelte er mit seiner nun schwangeren Frau von Ohio nach Los Angeles um. Er benutzte für die Fahrt ein gestohlenes Fahrzeug. Drei Monate später, im Oktober 1955, griff man ihn mit diesem Wagen auf. Da er mit dem Wagen mehrere Staatsgrenzen passiert hatte, handelte es sich um ein Bundesvergehen. Er wurde zu einer Gefängnisstrafe von fünf Jahren verurteilt, die man allerdings zur Bewährung aussetzte.
Im März 1956 war die Bewährung jedoch hinfällig geworden. Charles Manson hatte wieder einen Wagen geklaut, dieses Mal in Florida, und ihn nach Los Angeles überführt. Als er obendrein nicht zur Gerichtsverhandlung in Los Angeles erschien, verlor der Richter die Geduld. Er schickte Manson für drei Jahre in Haft nach Terminal Island nahe San Pedro (Kalifornien).
Scheidung von Rosalie Willis
Während er im Gefängnis saß, brachte Rosalie den gemeinsamen Sohn Charles Manson Jr. zur Welt. Im ersten Haftjahr besuchte ihn seine Frau noch regelmäßig. Doch dann wurden ihre Besuche immer seltener. Mansons Mutter, die inzwischen ebenfalls nach LA gezogen war, verriet ihm im März 1957 den Grund. Rosalie hatte einen Neuen.
Zwei Wochen vor einer Bewährungsanhörung versuchte Manson, aus dem Gefängnis zu fliehen. Der gescheiterte Fluchtversuch hatte zur Folge, dass man seinen Antrag auf vorzeitige Entlassung ablehnte. Außerdem verlängerte sich seine Strafe um weitere fünf Jahre.
Mansons Frau reichte schließlich 1958 die Scheidung ein. Im selben Jahr unternahm Charles Manson einen weiteren Anlauf, eine Entlassung auf Bewährung zu erreichen. Dieses Mal hatte sein Gesuch Erfolg. Im September 1958 war er wieder auf freiem Fuß.
Charles Manson als Zuhälter
Statt als Autodieb verdingte er sich nun als Zuhälter. Er ließ ein 16-jähriges Mädchen namens Leona »Candy« Stevens für sich anschaffen. Außerdem bequatschte er ein Mädchen mit wohlhabenden Eltern aus Pasadena, ihm regelmäßig Geld zuzustecken.
1959 klagten die Behörden Charles Manson erneut wegen zweier Bundesvergehen an. Er hatte einen Scheck aus einem Briefkasten gestohlen und anschließend versucht, diese Bankanweisung über 37,50 Dollar einzulösen. Ein Verbrechen, bei dem J. Edgar Hoover und das FBI keinen Spaß verstanden, wie man spätestens seit dem Film »Catch Me If You Can« weiß.
Doch Mansons Liaison mit der 16-jährigen Prostituierten zahlte sich aus. Sie behauptete vor Gericht, sie sei von Charles Manson schwanger. Das Paar habe bereits die Hochzeit geplant. Sie bat unter Tränen darum, ihren Verlobten auf freiem Fuß zu lassen, damit er für sie und das Baby sorgen könne.
Der Richter ließ sich erweichen und setzte im September 1959 die Strafe von zehn Jahren zur Bewährung aus. Gegen Ende des Jahres heirateten die beiden tatsächlich. Vermutlich hatte das Paar auch einen gemeinsamen Sohn, den sie Charles Luther Manson nannten. Hierzu gibt es jedoch widersprüchliche Angaben.
Der Bewährung unwürdig
Es dauerte nicht lange, bis Charles Manson erneut mit dem Gesetz in Konflikt geriet. Er war mit seiner Frau und einer weiteren Prostituierten von Kalifornien nach New Mexico umgesiedelt. Das verstieß gegen den sogenannten Mann Act, ein Gesetz zur Eindämmung der Prostitution.
Als die Behörden einen Haftbefehl gegen ihn ausstellten, tauchte er in Texas unter. Die Polizei schnappte ihn schließlich im April 1960 in Laredo. Die Freundin seiner Frau hatte ihn angezeigt. Manson habe sie mit Drogen außer Gefecht gesetzt und anschließend vergewaltigt.
Manson wurde nach Los Angeles überführt und musste seine zehnjährige Haftstrafe im Bundesgefängnis auf McNeil Island im Bundesstaat Washington abbrummen. Der Richter fügte der Urteilsverkündung hinzu: »Wenn es jemals einen Mann gegeben hat, der sich einer Bewährung als komplett unwürdig erwiesen hat, dann dieser Angeklagte.«
Unstillbarer Drang nach Aufmerksamkeit
Die Gefängnisakte beschrieb Charles Manson als Häftling, den es ständig danach dränge, Aufmerksamkeit zu erregen. Er sei jedoch völlig unfähig, mit positiven Handlungen auf sich aufmerksam zu machen. Deshalb bediene er sich oftmals negativer Verhaltensweisen, um seinem Drang nachzukommen.
Manson setze sich zwar verstärkt mit religiösen und philosophischen Schriften auseinander. So habe er sich während seiner Haftzeit unter anderem mit Scientology und Buddhismus beschäftigt. Doch der Gefangene bleibe niemals lange genug bei einer Sache, sodass der Erkenntnisgewinn bestenfalls oberflächlich sei und keinerlei Verhaltensveränderung zeitige.
Alvin Karpis
Charles Manson entwickelte jedoch während seiner Haftzeit ein gesteigertes Interesse an Musik. Die »Beatlemania« war auf dem Höhepunkt und erfasste auch Manson. Er freundete sich mit dem alternden Gangsterboss Alvin »Creepy« Karpis an. Karpis war in den 1930er Jahren als Anführer der Barker-Karpis Gang einer der meist gesuchten Verbrecher des Landes gewesen.
Karpis lehrte Charles Manson das Gitarrespielen. Danach verbrachte Manson den Großteil seiner Freizeit damit, Songs auf seiner Hawaiigitarre zu komponieren. Alleine 1965 entstanden zwischen 80 und 90 Lieder. Manson träumte fortan davon, nach seiner Entlassung als Gitarrist oder Sänger groß herauszukommen.
Alvin Karpis beschrieb seinen gelehrigen Schüler wie folgt: »Das Ungewöhnliche an Manson war, dass er körperlich ein Zwerg war, aber sich dennoch seinen Platz in der Gefängnishierarchie erkämpfte. Er erreichte dies, indem er andere Leute geschickt manipulierte. Damit hörte er nie auf, selbst wenn es für ihn nichts dabei zu gewinnen gab. Wenn du dich in Mansons Gegenwart befandest, hast du dich in jeder Sekunde benutzt und manipuliert gefühlt.«
Wieder in Freiheit
Am 21. März 1967 stand Mansons Entlassung an. Er war inzwischen 32 Jahre alt und hatte die Hälfte seines Lebens in Gefängnissen und Erziehungsheimen verbracht. 1981 behauptete Charles Manson in einem Fernsehinterview, er habe gegen seine Freilassung protestiert: »Ich konnte nicht einfach so da hinausspazieren. Oh, nein, ich wusste, dass ich nicht in der Lage sein würde, mich der Welt da draußen anzupassen. Nicht, nachdem ich die ganze Zeit eingesperrt gewesen war. Doch meinem Geist hatte die Haft keinen Schaden zugefügt. Ich fühlte mich hinter Gittern frei. Ich drehte jeden Tag ein paar Runden auf dem Hof, genoss den Sonnenschein und spielte auf meiner Gitarre. Ich war zufrieden mit meinem Leben.«
Die Gefängnisleitung ignorierte Mansons Protest und ließ den selbst ernannten Handlanger des Teufels wieder auf die Menschheit los. Als Abschiedsgeschenk spendierten die Behörden Charles Manson ein Busticket nach San Francisco, wo gerade der »Sommer der Liebe« tobte.
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- (8) Charles Manson: Kindheit ohne Struktur
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- (13) Was man heute über die Tate-Morde weiß
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- (15) Die Manson Family vor Gericht: Prozessspektakel
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