Pablo Fenjves wird erstmals am Morgen des 13. Juni 1994 von den Polizeibeamten Paul Tippin und Brian Carr befragt. Die beiden Polizisten sollen sich bei den Nachbarn von Nicole Brown umhören, ob irgendjemand in der Nacht zuvor Beobachtungen gemacht hat.
Am 1. Juli 1994 tritt Pablo Fenjves dann während der Zwischenuntersuchung vor Gericht als Zeuge der Anklage auf. Am 7. Februar 1995 wiederholt er in der Hauptverhandlung seine Aussage.
Wo hat Pablo Fenjves seine Beobachtungen gemacht?
Pablo Fenjves lebt mit seiner Frau seit 1992 862 Gretna Green Way, etwa 50-60 Meter nördlich von Nicole Browns Wohnhaus. Der rückwärtige Teil beider Gebäude grenzt an dieselbe Gasse an. Bei den Fenjves‘ sind Arbeitszimmer, Küche und Schlafzimmer in diesem hinteren Gebäudeteil untergebracht.
Pablo Fenjves macht seine Beobachtungen, während er sich im Schlafzimmer aufhält, das sich in der 2. Etage befindet. Vom Schlafzimmerfenster aus hat er jedoch nur einen Teil des obersten Stockwerks und das Sonnendeck auf dem Dach von Nicole Browns Haus im Blick. Er kann weder die Garageneinfahrt noch den Durchgang am Haus, wo die Morde stattfinden, einsehen.
Was hat Pablo Fenjves beobachtet?
Pablo Fenjves schaltet um 22.00 Uhr die Nachrichten auf Kanal 5 ein. Er hält sich zu diesem Zeitpunkt gemeinsam mit seiner Frau im Schlafzimmer auf. Um 22.15 Uhr fällt ihm erstmals das Bellen eines Hundes auf. Fenjves beschreibt es als eine Mischung aus Gebell, Geheul und Gewinsel. Für ihn hört es sich so an, als sei das Tier sehr unglücklich.
Um 22.20 Uhr begibt sich Pablo Fenjves vom Schlafzimmer in das Arbeitszimmer im Erdgeschoss. Während der vergangenen fünf Minuten hat der Hund ununterbrochen gebellt. Fenjves behauptet, sich deshalb so genau an den zeitlichen Ablauf erinnern zu können, weil ihn gewöhnlich nur der erste Nachrichtenblock interessiere. Wenn dieser um 22.20 Uhr vorüber sei, schalte er immer auf einen anderen Kanal oder mache etwas anderes.
An diesem Abend hat er noch Arbeit zu erledigen. Das Arbeitszimmer verfügt über keine Fenster und ist relativ gut schallisoliert. Zudem ist Fenjves nun auf seine Arbeit konzentriert. Während der Zeit, die er an seinem Schreibtisch verbringt, bekommt er von dem Hund nichts mehr mit.
Um 23.00 Uhr kehrt er ins Schlafzimmer zurück. Gerade hat eine Sondersendung zur Fernsehserie »Denver Clan« begonnen, die sich seine Frau anschaut. Pablo Fenjves fällt wieder das Bellen des Hundes auf. Er ist sicher, dass es sich um denselben Hund handelt, den er bereits um 22.15 Uhr wahrgenommen hat.
Der ungewöhnliche Lärm macht ihn neugierig. Er öffnet die Holzfensterläden und schaut hinaus, kann aber nichts erkennen. Das Gebell kommt seiner Meinung nach nicht direkt vom Haus 875 South Bundy Drive, sondern aus dem Kreuzungsbereich Bundy Drive und Dorothy Street.
Pablo Fenjves legt sich anschließend ins Bett und liest noch eine Weile. Er schätzt, dass er zwischen 23.30 und 23.40 Uhr eingeschlafen ist. Während der gesamten Zeit hat er noch das Bellen des Hundes gehört.
Welche Zweifel gibt es an seiner Aussage?
Fenjves‘ Aussage, die er gegenüber den Polizeibeamten Tippin und Carr am Morgen des 13. Juni 1994 gemacht hat, weicht von seinen Äußerungen vor Gericht ab. Die Polizisten geben im Protokoll an, Fenjves habe sich in der Nacht auf seine Veranda begeben und einen dunklen Jeep vor Nicole Browns Garagentor gesehen.
Pablo Fenjves streitet ab, diese Aussage getätigt zu haben. Er glaubt, es handele sich dabei um ein Missverständnis. Er sei mit den Polizeibeamten auf den Balkon hinausgegangen, um ihnen zu zeigen, welchen Blick man von seinem Haus auf 875 South Bundy Drive habe. Die Polizisten hätten wohl daraus geschlossen, dass er sich auch am Abend des 12. Juni 1994 auf seinem Balkon befunden habe, was aber nicht der Fall gewesen sei.
Komisch ist, dass nur Pablo Fenjves vor Gericht aussagt. Seine Frau, die am 13. Juni 1994 kurz mit den Polizeibeamten gesprochen und in groben Zügen seine Geschichte bestätigt hat, taucht niemals in diesem Verfahren auf. Dabei ist sie von 22.00 bis 23.30 Uhr permanent im Schlafzimmer und hätte doch am ehesten beschreibe können, ob der Hund während dieser Zeit ununterbrochen gebellt hat.
Es gibt ein weiteres Problem mit Fenjves‘ Aussage. Sie steht teilweise in direktem Widerspruch zum Zeugen Steven Schwab, der den Akita zwischen 22.45 und 22.55 Uhr an der Kreuzung Bundy Drive/Dorothy Street vorgefunden und mit zu sich nach Hause genommen hat.
Fenjves schwört hingegen Stein und Bein, dass er den Hund von 23.00-23.30 Uhr bellen gehört hat – denselben Hund, den er schon um 22.15 Uhr vernommen hat. Das kann nicht stimmen, denn zu diesem Zeitpunkt befand sich Nicole Browns Akita mehrere Querstraßen entfernt. Und im Fall von Steven Schwab gibt es mehrere Zeugen, die seine Aussage bestätigen.
Staatsanwältin Marcia Clark hat sich an diesem offensichtlichen Widerspruch nicht gestoßen. Für sie waren sowohl Pablo Fenjves als auch Steven Schwab die wichtigsten Zeugen hinsichtlich des zeitlichen Tatablaufs. Wie sie in ihrem Buch »Without a Doubt« [Link zu Amazon] schreibt, mag sie Zeugen, die ihre Aussagen dank einer Programmzeitschrift zeitlich einzuordnen wissen.
Alle anderen Zeugen, die vor Gericht bestreiten, dass der Akita bereits zwischen 22.15 und 22.20 Uhr zu hören gewesen ist, diskreditiert Marcia Clark als Wichtigtuer. Sie hätten ihre Aussagen angepasst oder frei erfunden, um die Aufmerksamkeit der Medien zu erregen.
Sonst noch etwas Wissenswertes?
Zum Zeitpunkt des Verbrechens arbeitet Pablo Fenjves als Drehbuchautor [Link zur International Movie Database] und Ghostwriter für Buchverlage. Jahre zuvor ist er als Journalist für das Boulevardblatt »National Enquirer« tätig gewesen, das den Fall O.J. Simpson sehr ausführlich behandelt. Seinen Durchbruch als Drehbuchautor hat er erst viele Jahre später mit dem Thriller »Ein riskanter Plan« [Link zu Amazon].