(7) Edmund Kemper – Kindheit

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Edmund Emil Kemper III war am 18. Dezember 1948 in Burbank, Kalifornien, geboren worden. Er war das zweite Kind von Clarnell und Edmund Emil Kemper Junior. Er hatte noch zwei Schwestern, die eine sechs Jahre älter, die andere zweieinhalb Jahre jünger. Edmund Kemper hatte ein enges Verhältnis zu seinem Vater. Dann reichte seine Mutter 1957 die Scheidung ein und nahm die Kinder mit nach Helena, Montana. Eine schwierige Zeit für den neunjährigen Jungen. Er hatte an der Trennung seiner Eltern und dem Verlust des Vaters schwer zu knabbern.

Im finsteren Verlies

Seine Mutter hielt es für angebracht, den Jungen etwas abzuhärten. Sie schloss ihn häufiger im fensterlosen Keller bei den Ratten ein, wenn er sich nach ihrem Geschmack danebenbenahm. Dort musste Kemper ein ums andere Mal die gesamte Nacht verbringen. An diesem finsteren Ort entwickelte sich Kempers Wut auf seine Mutter und schließlich sein Hass auf alle Frauen. Seine Mutter vermittelte ihm das Gefühl, dass er gefährlich sei und man sich seiner schämen müsse. Je älter Kemper wurde, umso intensiver wurde sein Hass.

Edmund Kemper sah seinem leiblichen Vater sehr ähnlich. Er glaubte, dass darin das eigentliche Motiv seiner Mutter lag, ihn wieder und wieder zu bestrafen. Clarnell Strandberg gab Edmund Kemper Jr. die Schuld daran, die Familie zerstört zu haben und dass sie nun alleine für drei Kinder sorgen musste. Sie hasste ihren Ex-Mann dafür. Und weil ihr Sohn ihm wie aus dem Gesicht geschnitten war, musste er als Ziel dieses Hasses herhalten. Für Edmund Emil Kemper wiederum war seine Mutter die Schuldige im Scheidungsdrama. Sie hatte ihm den Vater genommen. Da braute sich aus psychologischer Sicht ein hochexplosives Gemisch zusammen.

Abgrundtiefer Hass

Die Ermittler hatten keinen Zweifel daran, dass Kemper seine Mutter 15 Jahre später abgrundtief hasste. Gerade deshalb erstaunte sie, dass er bemüht war, sie in den Befragungen gewissermaßen in Schutz zu nehmen. Wenn er sich dazu äußerte, was diese prägende Gestalt in seinem Leben ihm angetan hatte, wie sie ihn beständig manipuliert hatte, versuchte er sich stets in ihre Person hineinzuversetzen. Warum hatte sie so gehandelt? Weshalb war sie so, wie sie war? Kemper ergründete ihre Motive, wollte ihr Handeln plausibel erscheinen lassen.

Mit neun Jahren dürfte Edmund Kemper noch nicht in der Lage gewesen sein, in dieser Form über das Verhalten seiner Mutter zu reflektieren. Stattdessen reagierte er emotional. Er verspürte Angst, er empfand Wut. Und in diesem Spannungsfeld entwickelten sich die ersten Gewaltfantasien. Was würde er tun, wenn er alles tun könnte, was ihm in den Sinn kam? Es fielen ihm eine Menge schreckliche Dinge ein.

Gewaltfantasien

»Als ich zur Schule ging«, äußerte Edmund Kemper in einem Interview, »nannte man mich einen chronischen Tagträumer. Sowohl in der Junior High School als auch in der High School schickte man mich mehrfach pro Schuljahr zum Schulpsychologen. Der fragte mich dann, was sich in meinem Kopf abspiele, wenn ich wieder mal Löcher in die Luft starrte. Der hätte sich gewundert, wenn ich ihm die Wahrheit offenbart hätte. In dieser Phase meines Lebens malte ich mir die härtesten, grausamsten und gewalttätigsten Fantasien aus, die ich mir je ausgedacht habe. Die Dinge, die ich später getan habe, reichten da in Sachen Brutalität nicht einmal ansatzweise heran.«

Mit zunehmenden Alter perfektionierte er diese Fähigkeit, nach außen hin wie ein harmloser Tagträumer zu wirken, während er im Innern düstersten Gedanken nachhing. Kemper drückte es einmal so aus: »Ich lebte die meiste Zeit das Leben einer stinklangweiligen gewöhnlichen Person, aber gleichzeitig bewegte ich mich in einem Paralleluniversum, das unglaublich brutal war.« Mit zehn Jahren hatte er bereits Fantasien über Frauen, die eindeutig sexueller Natur waren. Beides – die Gewalt und die Sexualität – verquickten sich in Kempers Kopf zunehmend miteinander.

Seltsame Kinderspiele

Auch die Geschichten, die seine Schwestern über Kempers Kindheit zu erzählen hatten, zeichneten ein beunruhigendes Bild. Die ältere Schwester neckte ihn eines Tages damit, dass ihn eine seiner Lehrerinnen offensichtlich mochte. Er solle sie doch küssen. So was würde Erwachsenen gefallen, wenn sie jemanden gern hatten. Kemper antwortet darauf, dass er die Frau anschließend umbringen müsse, wenn er dies tun würde. Eine irritierende Antwort auf solch eine Bemerkung. Und fast unglaublich, wenn sie aus dem Mund eines Zehnjährigen stammte.

Kempers jüngere Schwester erinnerte sich, dass er häufig die Köpfe ihrer Puppen abgeschnitten habe. Eines von Kempers Lieblingsspielen, bei denen seine jüngere Schwester assistieren musste, war die eigene Hinrichtung. Die Schwester musste ihn zum vermeintlichen Hinrichtungsstuhl einer Gaskammer führen, ihm die Augen verbinden und schließlich einen imaginären Hebel betätigen, um das Gas freizugeben. Danach zuckte Edmund Kemper wild auf dem Stuhl herum, als würde er sterben.

Kemper räumte in den Befragungen seitens der Psychiater ein, seine Mutter habe ihn wohl unter anderem auch deshalb in den Keller eingesperrt, weil sie Angst gehabt habe, er könne sich an den Schwestern vergehen. Die Mutter musste gespürt haben, dass mit ihrem Sohn etwas nicht stimmte. Als Edmund Kemper den Kopf seiner Mutter auf dem Kaminsims anschrie, sagte er unter anderem: »Du bist tot, weil du mich zu dem herangezogen hast, was ich bin.«

Gewaltsamer Tod zweier Katzen

Bereits in der Kindheit überschritt Kemper mehrfach die Linie zwischen Fantasie und Wirklichkeit. Die Kempers hatten zwei Hauskatzen. Beide fielen dem Sohn des Hauses zu Opfer, als er herumexperimentierte und ein Ventil für seine Wut suchte. Die erste Katze vergrub er bei lebendigem Leib in einem Erdloch. Später buddelte er sie wieder aus, schnitt ihr den Kopf ab und legte diesen auf den Küchentisch. Er erinnerte sich, wie mächtig er sich damals gefühlt habe. Nicht nur wegen des Tötens, sondern weil die Leute ihm seine Lügengeschichten abkauften, auch seine Mutter.

Clarnell besorgte eine neue Katze. Als Edmund Kemper dreizehn war, schlachtete er das Tier mit einer Machete. Die Überreste stopfte er in seinen Kleiderschrank, wo die Mutter sie schließlich fand. Ihr wurde nun schlagartig klar, dass ihr Sohn auch die erste Katze getötet hatte. Der Junge war nicht nur schwer gestört, was sie immer schon gemutmaßt hatte. Er war inzwischen brandgefährlich. Von nun an bezeichnete Clarnell Edmund Kemper stets als Psychopathen.

Unerwünscht

Im selben Jahr, im Sommer 1963, riss Kemper von zu Hause aus und floh zu seinem leiblichen Vater, der in Van Nuys lebte, einem Vorort von Los Angeles. Er hoffte, dass es ihm dort besser ergehen würde. Doch er musste erfahren, dass sein Vater ganz und gar nicht erfreut über sein Kommen war. Der Mann hatte inzwischen ein zweites Mal geheiratet und mit seiner Frau einen gemeinsamen Sohn. Er ließ Edmund einige Zeit bei sich wohnen, aber schickte ihn dann wieder zurück nach Montana. Der Mann, den er fünf Jahre als seinen einzigen Verbündeten auf Erden angesehen hatte, verriet ihn.

Die Dinge verkomplizierten sich noch mehr für Edmund Kemper. Als er wieder bei seiner Mutter eintraf, war er dort ebenso wenig erwünscht. Clarnell Kemper hatte zwischenzeitlich ein zweites Mal geheiratet, sich erneut getrennt und plante nun Ehe Nummer drei. Und dieses Riesenbaby von einem Sohn bereitete nur Ärger, den sie gerade nicht gebrauchen konnte. Sie schob Edmund Kemper zu den Eltern ihres Ex-Mannes ab – fairerweise mit einem Warnhinweis versehen: Sie sollten sich nicht wundern, falls der Junge sie eines Tages umbringen würde.

In einem Interview beschrieb Kemper, was damals in ihm vorging: »Ich flüchte, um mit meinem Vater zu leben und er schickt mich weg. Am Ende lande ich bei meiner Großmutter. Die Frau war davon besessen, all die Dinge ungeschehen zu machen, die mir diese schreckliche Frau – ihre Schwiegertochter – angetan hatte. Aber nicht, weil sie Mitleid mit mir hatte. Ich war bloß ein Demonstrationsobjekt. Meine Großmutter wollte aller Welt beweisen, dass sie die bessere Mutter war und meine Mama eine unfähige Rabenmutter. Ich fühlte mich wie eine Schachfigur, die in diesem Machtspiel zweier Frauen hin- und hergeschoben wurde.«

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Kindheit - Biographie - Edmund Kemper (7/10)
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In einem finsteren Kellerverlies, in das ihn seine Mutter regelmäßig sperrte, entwickelten sich Edmund Kempers brutale Gewaltfantasien.

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