Edmund Kemper – Der Co-ed Killer

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Edmund Kemper galt als »Vorzeige-Serienkiller«. Alle Ermittler zeigten sich beeindruckt von seiner Intelligenz, seinem freundlichen Wesen, seiner Offenheit und seiner fast schon analytischen Einsicht in seine Verbrechen. Kempers Taten zeichneten ein anderes Charakterbild. Getrieben von einem unbändigen Hass auf Frauen empfand er Vergnügen am Manipulieren und Quälen seiner Opfer, die er über ihren Tod hinaus wieder und wieder demütigte.

Eine Fantasie wird wahr

Edmund Kemper hatte sich lange Zeit auf dieses Ereignis vorbereitet. Und noch viel länger in seinem Kopf durchgespielt, was genau geschehen würde. Nun war der Zeitpunkt gekommen. »Zum ersten Mal hatte ich die Gewissheit gespürt, dass es jetzt so weit war«, erinnerte sich Kemper später während seines Geständnisses. »Der Tag, nach dem ich mich mein Leben lang gesehnt hatte. Heute würde ich wieder nach einem hübschen Mädchen am Straßenrand Ausschau halten, wie schon so oft zuvor. Aber etwas war anders. Heute würde ich dieses Mädchen töten. Sie würde ganz allein mir gehören. Das stand für mich schon fest, bevor ich mich an diesem Sonntag ins Auto setzte.«

Es war Sonntag, der 7. Mai 1972. Edmund Kemper hatte keinen genauen Ort festgelegt, an welchem er sein Opfer treffen würde. Er wusste lediglich, wo er zu suchen hatte: An den Stellen, an denen Tramper auf eine Mitfahrgelegenheit hofften. Die besten Plätze befanden sich in der Nähe von Universitäten. Studentinnen liebten es, per Anhalter zu fahren. Das gehörte zu dem Lebensgefühl der damaligen Jahre dazu. Trampen bedeutete Mobilität. Trampen bedeutete Freiheit.

Mary Ann Pesce und Anita Luchessa

So kam Edmund Kemper an diesem Tag unter anderem durch die Universitätsstadt Berkeley in der Nähe von San Francisco. Da entdeckte er die beiden 18-jährigen Studentinnen Mary Ann Pesce und Anita Luchessa am Straßenrand. Die beiden Mädchen studierten am Fresno State College und wollten zu Freunden, die in einem Wohnheim an der Uni Stanford lebten.

Kemper erinnerte sich an die Begegnung: »Ich hatte nach einem Opfer Ausschau gehalten. Nun standen da plötzlich zwei Frauen. Egal. Es gab jetzt kein Zurück mehr. Die beiden Mädchen waren praktisch schon tot in dem Moment, in dem ich sie sah. Sie waren auch unglaublich naiv. Sie hielten sich für clever, weil sie zu zweit trampten. Sie dachten, ihnen könnte nichts passieren. Sie glaubten, sie hätten alles im Griff. Es tat fast schon weh, wie blauäugig die beiden durchs Leben gingen.«

Mary Pesce und Anita Luchessa konnten ihr Glück kaum fassen. Der Fremde bot ihnen nicht nur an, sie mitzunehmen. Er wollte sie sogar direkt bis nach Stanford bringen, das eine knappe Stunde Fahrtzeit entfernt lag. Er sagte, er wolle dafür Sorge tragen, dass sie sicher ans Ziel kämen. Man könne heute gar nicht vorsichtig genug sein. Er würde sich später lebenslang Vorwürfe machen, wenn er erfahren müsse, dass ihnen etwas passiert sei. Den Mädchen war so viel Fürsorge nur recht. Der Typ war zwar nicht gerade cool, eher ein Spießer, aber er schien vertrauenswürdig zu sein. Eine fatale Fehleinschätzung, die sie mit dem Leben bezahlen sollten.

Entsetzliches Martyrium

Edmund Kemper fuhr rund 15 Kilometer in Richtung Alameda, bis er vom Highway in einen einsamen Waldweg abbog. Die Studentinnen spürten instinktiv, dass ihnen Gefahr drohte. Und Kemper witterte ihre Angst. Er merkte, wie sie verstummten und die Gedanken in ihrem Kopf rasten. Er weidete sich an ihrer Angst. Er forcierte die Angst. Er erzählte ihnen frei heraus, dass er sie vergewaltigen werde. Er habe vor, sie in seine Wohnung zu verschleppen.

Er wusste es besser. Wenn sie die Wohnung erreichten, wären sie bereits tot. Das hatten ihm seine Knastkumpanen eingetrichtert. Niemals Zeugen hinterlassen. Lässt du sie laufen, zeigen sie dich an und du bist geliefert. Kemper sagte den Studentinnen nicht, dass er sie töten würde. Sollten sie noch einen Moment zwischen Hoffnung und Angst schweben. Dieses Spiel gefiel ihm.

Dann hielt Kemper an. Zunächst wandte er sich Mary Pesce zu, die auf dem Rücksitz saß. Er fesselte sie mit Handschellen und stülpte ihr eine Tüte über den Kopf. Anschließend zwang er Anita Luchessa, ihm zum Kofferraum zu folgen, in dem er sie einsperrte. Kemper kehrte zu Mary Ann Pesce zurück. Er versuchte, ihr mit der Tüte die Luft abzuschnüren. Das funktionierte nicht. Er zückte ein Messer und stach auf sie ein. Die Klinge prallte an ihrem Rückenwirbel ab und drang nicht ein. Mary Pesce fühlte den Schmerz, geriet in Panik, biss sich durch die Tüte und kämpfte viele lange Minuten um ihr Leben. Am Ende vergeblich. Kemper bekam ihren Hals zu fassen und schnitt ihr die Gurgel durch.

Danach ging Edmund Kemper wieder zum Kofferraum. Anita Luchessa hatte den Todeskampf ihrer Freundin aus nächster Nähe mit angehört. Sie musste in diesem Moment unglaubliche Angst gehabt haben, denn sie wusste nun, was auf sie zukam. Sie wehrte sich verzweifelt gegen Kempers Attacken. Auch in ihrem Fall dauerte es lange, bis Kemper sie schließlich ermordet hatte. Die beiden 18-jährigen Mädchen hatten ein entsetzliches Martyrium zu erleiden, bevor sie starben.

Panik

Doch auch Kempers überhebliche Attitüde war inzwischen der nackten Panik gewichen. Er hatte nicht erwartet, dass das Töten eines Menschen solche Probleme bereitete. Er hatte sich »Spaß« und ein »Hochgefühl« versprochen. Er erntete wilde Schläge und Tritte, unkontrolliertes Zucken, Schmerzens- und Angstschreie, die ihn völlig kirre machten. Das selbstherrliche »Herr-über-Leben-und-Tod«-Gehabe war ihm zumindest vorübergehend abhandengekommen.

Edmund Kemper rannte in den angrenzenden Wald. Er wollte nur noch weg. Erst als er ein paar Hundert Meter gelaufen war, kam er wieder zu Verstand. Am Straßenrand lagen zwei Leichen in einem Wagen. Seinem Wagen. Er musste die Toten wegschaffen. Sonst würden sie ihn schnappen. Er musste so vorgehen, wie er es sich zuvor überlegt hatte.

Ein kaputtes Rücklicht

Es warteten jedoch weitere Schwierigkeiten auf Kemper. Er geriet auf der Rückfahrt zu seinem Apartment in eine Verkehrskontrolle. Der Streifenbeamte monierte ein kaputtes Rücklicht an seinem Fahrzeug. Anita Luchessa hatte den Scheinwerfer zertreten, als sie um ihr Leben kämpfte. Dieses Mal behielt Kemper die Kontrolle über sich, obwohl im Innern ein Sturm tobte, wie er später eingestand. Er gab sich nach außen hin völlig ruhig und antwortete höflich auf die Fragen des Polizisten. Kemper kam mit einer Verwarnung davon.

Edmund Kemper stellte später klar: Wenn sich der Beamte entschieden hätte, den Wagen einer Routinekontrolle zu unterziehen, und von ihm verlangt hätte, den Kofferraum zu öffnen, hätte er ihn auf der Stelle umgebracht. Aber dann hätte Kemper ein Problem gehabt. Denn ein im Dienst getöteter Polizeibeamter hätte zweifelsohne eine massive Fahndung zur Folge gehabt. Im Fall der beiden ermordeten Studentinnen passierte aus polizeilicher Sicht zunächst einmal gar nichts.

As die Mädchen nicht wie vereinbart in Stanford auftauchten, benachrichtigten die Freunde die Familie und diese die Polizei. Doch die Beamten behandelten die Anzeige wie jeden anderen Vermisstenfall. Es gab keinen Hinweis auf eine Gewalttat. Die beiden Studentinnen waren volljährig. Erwachsene verschwanden in Kalifornien an jedem Tag des Jahres und kehrten danach wieder wohlbehalten zurück. So war das eben in Zeiten der Hippie-Kultur und sexuellen Revolution. Es gab keinen Grund, knappe Polizeiressourcen auf solche sinnlosen Fahndungen zu verschwenden.

Horror in Alameda

So traf Edmund Kemper an diesem Sonntagabend im Mai unbehelligt mit zwei Leichen im Gepäck in der Union Street in Alameda ein. Dort bewohnte er zusammen mit einem Freund eine Mietwohnung. Er wusste, dass sein Mitbewohner an diesem Tag nicht zu Hause war. Kemper war völlig ungestört. Er wickelte die Frauen in Decken ein und schleppte sie in sein Zimmer, wo er sie auf den Boden legte. Was dann geschah, weiß man aus Kempers detaillierten Geständnissen.

Edmund Kemper - Alameda - Apartment
Mietshaus in der Union Street in Alameda, in dem Edmund Kemper 1972 lebte

Edmund Kemper fotografierte zunächst die Leichname, bevor er die toten Frauen vergewaltigte. Dann zerstückelte er die Leichen. Methodisch und langsam trennte er ein Körperglied nach dem anderen ab. Bei jedem Schnitt legte er eine Pause ein und machte neue Fotos. Er schändete erneut die Körper, genauer gesagt die einzelnen Leichenteile. An diesem Detail ließ Kemper später keinerlei Zweifel aufkommen. Das Zerteilen der Leichen hatte ihn sexuell hochgradig erregt. Was sich dort in dieser Mainacht in der Wohnung in Alameda abspielte, davon hatte Edmund Kemper fünfzehn Jahre lang geträumt.

Leichenverstecke

Nachdem er seine Fantasien in die Tat umgesetzt hatte, verpackte Kemper die Leichenreste in Müllsäcke und fuhr mit ihnen zum Loma Prieta, einem Berg in der Umgebung von Santa Cruz. Er verscharrte die Säcke in unwegsamem Gelände und markierte die Stellen. Denn er plante, zu den Leichen zurückzukehren. Die Körper waren nun sein Eigentum, mit dem er tun und lassen konnte, was er wollte. Niemand würde ihm irgendetwas verbieten können. Insbesondere die Schädel hatten es ihm angetan. Er hatte die beiden Mädchen enthauptet, und jedes Mal, wenn er zu seinem geheimen Versteck hinausfuhr, verging er sich an den Köpfen, solange die Natur mitspielte. Dann warf er die Schädel in eine Schlucht.

Einen der beiden fand die Polizei am 15. August 1972. Er konnte Mary Ann Pesce zugeordnet werden. Die Beamten konnten keine weiteren Knochen entdecken. Kemper hatte sie in einiger Entfernung in den Bergen verscharrt. Aber spätestens ab diesem Zeitpunkt musste die Polizei davon ausgehen, dass die beiden Anhalterinnen Mary Ann Pesce und Anita Luchessa einem Mord zum Opfer gefallen waren. Nun musste sie ermitteln.

»Ihr Leben in meinen Händen«

Edmund Kemper vertrieb sich die Sommermonate währenddessen mit endlosen Autotouren durch Kalifornien, auf denen er zahllose Anhalterinnen mitnahm. Er tötete sie nicht. Der Rausch des Doppelmordes hielt noch vor. Er brachte die jungen Frauen sicher ans Ziel, wo immer sie hinwollten. Kemper unterhielt sich mit seinen Fahrgästen sogar über die verschwundenen Studentinnen und darüber, was mit ihnen wohl passiert war. Er schwadronierte über einen geheimnisvollen Mörder, der es gezielt auf unvorsichtige Anhalterinnen abgesehen habe. Er gab ihnen den »gut gemeinten« Ratschlag, das Trampen tunlichst zu meiden.

Während der zwanglosen Gespräche beobachtete er die Frauen genau. Wie sie reagierten. Wie sie sich vor Grusel schüttelten. Wie sie die Gefahr weglachten. Wie sie atmeten. Er taxierte sie als potenzielle Opfer. »Sobald eine von ihnen die Tür zu meinem Wagen öffnete, war ihr Leben in meinen Händen.« Dieses Wissen genügte ihm vorläufig – bis zum 14. September 1972. An diesem Tag ließ die nächste junge Frau für diesen Irrsinn ihr Leben.

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Edmund Kemper – Der Co-ed Killer (1/10)
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Der Serienmörder Edmund Kemper tötete sechs Studentinnen, seine Großeltern und schließlich seine Mutter, das eigentliche Ziel seines unbändigen Frauenhasses

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