John Wayne Gacy Jr. kam am 17. März 1942 als Sohn von Marion Elaine Robinson und John Wayne Gacy Sr. im Edgewater Hospital zur Welt. Seine Heimatstadt Chicago feierte an diesem Tag den St. Patrick‘s Day. Gacy wuchs zusammen mit seinen beiden Schwestern Joanne und Karen in einem der nördlichen Stadtteile auf.
Ein jähzorniger Vater
Zu seinen Geschwistern und seiner Mutter hatte Gacy zeit seines Lebens ein enges und vertrautes Verhältnis. Die Beziehung zum streng katholischen Vater gestaltete sich jedoch weitaus komplizierter. John Wayne Gacy Sr. war Alkoholiker und verdrosch im Suff regelmäßig Frau und Kinder. Obwohl der Senior ein wahres Ekelpaket gewesen zu sein scheint, liebte ihn der Sohn abgöttisch. Er bemühte sich, seine Zuneigung und Anerkennung zu gewinnen, konnte es seinem Vater aber praktisch nie recht machen.
Eine der frühesten Erinnerungen Gacys an seinen Vater war eine der zahlreichen Züchtigungen mit dem Ledergürtel, die ihm in der Kindheit widerfuhren. Der vierjährige Gacy hatte in der Garage gespielt und dabei die Ersatzteile durcheinandergebracht, die Gacy senior dort lagerte. John Wayne Gacy senior brauchte jedoch keinen Anlass, um wütend zu werden. Bekannte beschrieben ihn als Mann, der ohne ersichtlichen Grund plötzlich seinen Sohn anschrie oder auf ihn einprügelte. Bei einer dieser Gelegenheiten schlug ihm der Vater mit einem Besenstiel auf den Kopf, bis John Gacy das Bewusstsein verlor.
Missbrauch
Mit sechs Jahren stahl Gacy ein Spielzeugauto in einem Geschäft in der Nachbarschaft. Als seine Mutter den Diebstahl bemerkte, zerrte sie ihn zurück zu dem Laden, in dem sich der kleine Dieb beim Inhaber entschuldigen musste. Zu Hause verpasste ihm der Vater die übliche Abreibung mit dem Gürtel. Der Mutter wurde es zu viel. Sie schritt ein. Danach beschimpfte der Vater seinen Sohn als »Schwuchtel« und »Muttersöhnchen«. Er prophezeite ihm, das aus ihm eines Tages eine »Tunte« würde. Dieses ständige verbale Herunterputzen gehörte ebenfalls zu den festen Ritualen im Hause Gacy.
1949 informierte man den Vater darüber, dass man seinen 7-jährigen Sohn dabei erwischt habe, wie er gemeinsam mit einem gleichaltrigen Freund ein Mädchen betatscht habe. Der Vater schlug den Jungen mit einem Rasierriemen windelweich. Im selben Jahr wurde Gacy von einem Freund des Vaters sexuell missbraucht. Gacy traute sich nicht, seinen Eltern den Vorfall zu beichten, weil er eine erneute Bestrafung seitens des Vaters fürchtete.
Kein Außenseiter
Gacy war bereits als Kind übergewichtig und unsportlich. Hin und wieder machte ihn das zur Zielscheibe des Spotts seiner Mitschüler. Aber er galt auf der Schule nicht unbedingt als das, was man einen Außenseiter nannte. Er hatte Freunde. Die meisten Lehrer mochten ihn. Er beteiligte sich jenseits der Schule an Gruppenaktivitäten wie zum Beispiel den Pfadfindern, bei denen er sogar recht beliebt war.
Abgesehen vom jähzornigen Vater verlebte John Gacy eine relativ normale Kindheit und Jugend inmitten eines bürgerlichen Wohnviertels in Chicago. In dem Umfeld, in dem Gacy aufwuchs, war es für die Jungen üblich, dass sie sich nach der Schule mit einem Job das Taschengeld aufbesserten. Gacy arbeitete als Zeitungsausträger und verpackte in einem Lebensmittelgeschäft die Einkäufe der Kunden in Tüten.
Gesundheitliche Probleme
Auffällig waren aber eine Reihe gesundheitlicher Probleme, unter denen er litt. Im Alter von elf Jahren spielte Gacy neben einer Schaukel. Der Sitz traf ihn am Kopf. Die Folge war ein Blutgerinnsel im Gehirn, das jedoch lange Zeit nicht entdeckt wurde. Gacy verlor regelmäßig das Bewusstsein und kippte einfach um. Erst als Gacy 16 war, stellte ein Arzt endlich die richtige Diagnose. Nach einer Operation verschwanden die Ohnmachtsanfälle.
Mit 17 Jahren diagnostizierten Ärzte bei Gacy ein nicht näher spezifiziertes Herzproblem, weshalb er mehrfach stationär in Behandlung war. Doch trotz umfangreicher Untersuchungen konnte man nie die Ursache für die heftigen Brustschmerzen finden, über die Gacy wiederholt klagte. Der Vater hatte seine ganz eigene Deutung: Der Sohn simuliere nur, um sich die väterliche Zuneigung zu ergaunern.
Kontrolle
Zur gleichen Zeit kaufte ihm Gacy senior den ersten eigenen Wagen. Kaufvertrag und Zulassung liefen auf den Namen des Vaters. John Wayne Gacy Jr. musste jeden Monat die Raten abstottern. Wenn der Vater mal wieder was an seinem Sohn auszusetzen hatte, behielt er nun einfach die Wagenschlüssel ein. 1962 besorgte sich der Junior einen Ersatzschlüssel. Als der Vater davon Wind bekam, entfernte er kurzerhand die Verteilerkappe vom Motor.
John Wayne Gacy sah allmählich ein, dass er in diesem Zweikampf stets den Kürzeren ziehen würde. Zudem hatte er im letzten Jahr der High School seinen Abschluss vermasselt. Gacy machte im Nachhinein seine gesundheitlichen Schwierigkeiten und die daraus resultierenden längeren Aufenthalte im Krankenhaus für sein schulisches Scheitern verantwortlich.
So oder so: Es war Zeit für einen Neuanfang. Er setzte sich in seinen Wagen und düste quer durchs Land nach Las Vegas, weit weg von seinem Vater.
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Weitere Kapitel zum Fall John Wayne Gacy
- »Pogo der Killer-Clown« – John Wayne Gacy Jr.
- (2) Die Fassade bröckelt
- (3) Der dickliche Sadist
- (4) Das Spiel ist aus
- (5) Leichen im Keller
- (6) Archäologische Ausgrabungen
- (7) Eine Kindheit in Chicago
- (8) Ein Mann auf dem Weg nach oben
- (9) Flecken auf der weißen Weste
- (10) Neuanfang in Chicago
- (11) Gacys erste Morde
- (12) Ein entfesselter Serienkiller
- (13) Serienmörder mit Platzproblemen
- (14) Probleme bei der Identifizierung der Leichen
- (15) Hat Gacy noch weitere Opfer getötet?
- (16) Hatte Gacy Komplizen?
- (17) Das Ende von Pogo dem Killer-Clown
- Bücher zu John Wayne Gacy
- Filme zu John Wayne Gacy