(5) Christine Freund und John Diel

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Der nächste Mord in der Serie ereignete sich wieder nach Mitternacht. Und erneut suchte sich der Täter Queens als Schauplatz des Verbrechens aus. Die 26-jährige Christine Freund und der 30-jährige John Diel hatten in der Nacht vom 29. auf den 30. Januar 1977 einen typischen Pärchenabend verbracht. Erst schauten sie sich im Kino „Rocky“ an, dann kehrten sie auf einen späten Snack in ein Lokal auf der Austin Street im Stadtteil Forest Hills ein. Nun wollten sie noch eine Diskothek aufsuchen.

David Berkowitz - Christine Freund - Station Square
Tatort des Mords an Christine Freund am Station Square; Blick auf den Bahnhof von Forest Hills

Die beiden saßen bereits in Diels Pontiac Firebird, der am Station Square parkte. John Diel ließ den Motor ein paar Minuten warmlaufen. Draußen waren es -10 Grad Celsius. Der Wagen brauchte immer ein paar Minuten, bis er Betriebstemperatur erreicht hatte. Ohne dass die beiden Fahrzeuginsassen zuvor eine Person wahrgenommen hätten, fielen gegen 0.40 Uhr kurz hintereinander drei Schüsse. Jemand feuerte durch das Beifahrerfenster in den Wagen hinein.

David Berkowitz - Christine Freund - John Diel
Christine Freund und John Diel

John Diel riss seine Freundin Christine instinktiv mit nach unten in den Fußraum des Wagens. Er selbst trug nur geringfügige Verletzungen davon. Doch Christine starb noch in derselben Nacht an ihren schweren Kopfverletzungen. Der erste Schuss hatte sie voll in der Schläfe erwischt.

Ballistischer Befund

John Diel konnte gegenüber der Polizei keine Angaben über den Täter machen. Andere Augenzeugen gab es in diesem Fall nicht. Die Kriminalbeamten hatten anderweitig Glück. Dieses Mal bargen sie gleich zwei Projektile, die nahezu unversehrt waren. Die ballistische Untersuchung ergab, dass es sich bei der Tatwaffe um einen .44 Bulldog Charter Arms handelte. Die Techniker im Labor erinnerten sich an den ungelösten Mord im Juli des vergangenen Jahres in der Bronx. Sie konnten nicht nachweisen, dass die Morde mit derselben Waffe begangen wurden. Aber das Waffenfabrikat war selten genug, um misstrauisch zu werden.

Die Ermittlungsbeamten sahen das ähnlich. Der Fall in der Bronx wies unabhängig von der Tatwaffe zahlreiche Parallelen auf. Die Beamten durchforsteten daraufhin die Fallakten zu allen ungelösten Verbrechen der vergangenen Monate, in denen der Täter einen .44er-Revolver benutzt hatte. So stießen sie auf die Mordversuche an Carl Denaro, Rosemary Keenan, Donna DeMasi und Joanne Lomino.

Serienkiller

Auch wenn die Zeugenaussagen sich hinsichtlich der Täterbeschreibung teilweise widersprachen, neigten die Ermittler zu der Annahme, dass ein einzelner Serienkiller für alle diese Verbrechen verantwortlich war. Anders ließen sich diese unmotivierten Gewalttaten nicht plausibel erklären. Die Kriminalbeamten filterten heraus, nach welchen Kritierien der Mörder seine Opfer auswählte.

Bisher waren alle Überfallenen paarweise unterwegs gewesen. Dreimal hatte der Täter auf Menschen geschossen, die in einem Auto saßen. Donna DeMasi und Joanne Lomino standen auf einer Verandatreppe vor einer Haustür. Auch sie hatten keine Fluchtmöglichkeit, als der Täter sie mit der Waffe fixierte. Diese Wahl des Tatorts machte angesichts des Waffentyps, den der Killer benutzte, durchaus Sinn. Der .44 Bulldog war zu unpräzise, um damit gezielt auf Menschen zu schießen, die sich bewegten.

Gleicher Opfertyp

Seine primären Opfer teilten alle eine auffällige Gemeinsamkeit. Donna Lauria, Donna DeMasi, Joanne Lomino und Christine Freund trugen langes, dunkles Haar. Im Fall Denaro/Keenan gab es eine Besonderheit. Der Täter hatte es offensichtlich auf Carl Denaro abgesehen, wie die Auswertung der Schussspuren ergeben hatte. Denaro hatte zum Zeitpunkt ebenfalls langes, dunkles Haar, während Rosemary Keenan eine Kurzhaarfrisur trug. Möglicherweise hatte der Täter hier Mann und Frau verwechselt.

Man musste also damit rechnen, dass dort draußen ein durchgeknallter Irrer die Straßen von New York unsicher machte, der mit dem Morden erst aufhören würde, wenn ihn die Polizei zu fassen bekam. Angesichts dieses bedrohlichen Szenarios gelang es den Ermittlungsbeamten, ihre Vorgesetzten von der Gründung einer 16-köpfigen Sonderkommission zu überzeugen.

David Berkowitz – .44 Caliber Killer

Bisher war die SOKO aber nicht sicher, wen sie angesichts der widersprüchlichen Zeugenaussagen überhaupt jagte. So druckten die Zeitungen schließlich beide vorhandenen Phantombilder ab. Die Polizei erhoffte sich dadurch Hinweise in diesem rätselhaften Fall, der mit traditionellen Ermittlungsmethoden nicht zu knacken war.

Gleichzeitig löste man damit einen unvergleichlichen Medienhype aus. Denn als die Presse erfuhr, dass ein Serienkiller bereits vier Attentate verübt hatte, überboten sich die Tageszeitungen Tag für Tag mit neuen Geschichten über den ».44 Caliber Killer«, wie ihn die Reporter tauften. Insbesondere die »New York Post«, die gerade in den Besitz des australischen Medienmoguls Rupert Murdoch übergegangen war, verfolgte eine aggressive Berichterstattung. Als der Mörder dann Anfang März erneut zuschlug, war der Fall auch in den nationalen und internationalen Gazetten ständig präsent. Dieser Hype sollte das gesamte Jahr über anhalten und die Ermittlungen erschweren.

David Berkowitz - New York Daily News
Schlagzeile New York Daily News

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