(17) Der erste Prozess gegen Rodney Alcala

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Die Staatsanwaltschaft besaß Beweismittel und Indizien, die im Mordfall Robin Samsoe gegen Rodney Alcala sprachen, in Hülle und Fülle. Einziges Manko war, dass der Angeklagte ein vermeintliches Alibi vorweisen konnte. Alcala behauptete, am Tag der Entführung einen Vorstellungstermin bei einer Diskothek gehabt zu haben, bei der er sich für den Job eines Fotografen beworben habe.

Seine beiden Schwestern Christine De La Cerda und Marie Troiana bestätigten vor Gericht, dass ihr Bruder sie an dem fraglichen Nachmittag des 20. Juni aus dem Haus seiner Mutter angerufen habe. Tatsächlich konnte die Verteidigung einen Verbindungsnachweis vorlegen, auf dem die Telefonate auftauchten. Allerdings war damit nicht bewiesen, dass Rodney Alcala diese Gespräche geführt hatte. Genauso gut konnte die Mutter an diesem Tag mit ihren Töchtern gesprochen haben und nun versuchte die Familie, den Sohn beziehungsweise Bruder zu schützen.

Die Geschworenen schätzten jedenfalls die Aussagen so ein. Sie sprachen Rodney Alcala wegen vorsätzlichen Mordes schuldig. Normalerweise hatte dieser Schuldspruch eine lebenslängliche Freiheitsstrafe zur Folge. Doch Alcala hatte Robin Samsoe nicht nur getötet, sondern zudem entführt. Nach kalifornischem Recht wirkte sich dieser Umstand strafverschärfend aus und zog für Rodney Alcala die Todesstrafe nach sich. Diese Besonderheit des amerikanischen Rechtswesens hatte sich nach der spektakulären Entführung des Lindbergh-Babys ergeben, die tödlich endete. Der Staat Kalifornien legte dieses neue Gesetz besonders hart aus. Der entsprechende Präzedenzfall war das Verfahren gegen Caryl Chessman, den sogenannten »Red Light Bandit«.

Präzedenzfall Caryl Chessman

Chessman hatte mit vorgehaltener Waffe zwei seiner Opfer gezwungen, aus ihrem Auto auszusteigen und ihn zu seinem eigenen Pkw zu begleiten. Dort nötigte er sie zu Oralverkehr. Die Distanz zwischen beiden Fahrzeugen betrug exakt sieben Meter. Normalerweise drohte dem Angeklagten eine Verurteilung wegen Vergewaltigung, wahrscheinlich nur wegen sexueller Nötigung. Die Tatsache, dass er seine Opfer mit einer Schusswaffe bedroht hatte, hätte das Strafmaß von einigen wenigen Jahren auf etliche Jahre Gefängnis erhöht. Aber Chessman bekam die Todesstrafe. Entführung sei Entführung, so das Gericht. Die Entfernung spiele dabei keine Rolle.

Das Urteil löste viele Kontroversen aus, hatte jedoch nach wie vor Bestand. Alcala bekam das nun am eigenen Leib zu spüren. Wohlgemerkt: Das Gericht ahnte in diesem Moment noch nichts davon, dass Rodney Alcala ein Serienkiller war. Seine Glückssträhne war definitiv vorbei. Zumindest glaubten der Staatsanwalt und die Angehörigen des Mordopfers Robin Samsoe, dass dem so wäre. Doch in Wahrheit war dieses erste Verfahren gegen Rodney Alcala nur der Auftakt zu einem wahren Prozessmarathon. Denn ein Berufungsgericht erklärte das Urteil für ungültig.

Formale Verfahrensmängel

Der Oberste Gerichtshof des Staates Kalifornien entschied 1981, dass das Verfahren formelle Mängel aufwies. Die Richter monierten zum einen, dass die Geschworenen nicht von Alcalas früheren Verurteilungen hätten erfahren dürfen. Außerdem war der California Supreme Court davon überzeugt, dass zwei Gefängnisinsassen, die gegen Alcala ausgesagt hatten, jeweils Meineide geschworen hatten.

Die beiden Mithäftlinge hießen Robert Dove und Michael Herrera. Angeblich hatte Alcala Herrera verraten, dass er Robin Samsoe in sein Auto gelockt habe, indem er ihr Geld für die Fotos angeboten habe. Dove bezeugte, dass er dieses Gespräch belauscht habe. Außerdem habe Alcala gesagt, er habe das Mädchen nicht erstochen, sondern erschlagen. Herrera behauptete zudem, Rodney Alcala habe ihm das Versteck des Bonanza-Rades verraten: neben einem Secondhand-Laden in El Monte. Zumindest dieser Teil der Aussage war durch eine weitere Zeugenaussage gedeckt. Der Ladenbesitzer bezeugte vor Gericht, dass er in der Tat ein gelbes Fahrrad der Marke Schwinn hinter seinem Laden gesehen habe. Das Fahrrad blieb aber verschwunden.

Auch das nächste Verfahren scheitert

Das Verfahren wurde 1986 neu aufgerollt. Erneut sprachen die Geschworenen Rodney Alcala schuldig, erneut verhängte man gegen Rodney Alcala die Todesstrafe. Nun kassierte der Oberste Gerichtshof der USA das Urteil ein. Grund: Dana Crappa, eine wichtige Belastungszeugin im ersten Prozess, trat im zweiten Verfahren nicht mehr persönlich auf. Sie berief sich auf Erinnerungslücken aufgrund von Gedächtnisschwund. Dennoch hatte die Staatsanwaltschaft ihre Aussage aus dem ersten Verfahren in den neuen Prozess mit eingebracht. Der Richter hatte dies durchgehen lassen. Zu Unrecht, wie das Berufungsgericht monierte.

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